Quer Beet aufs Treppchen 2020/21 von Michal Kothe

Wer hier im deutschsprachigen Raum schreibt, begegnet sich im virtuellen Raum, oft sogar mehrfach. Dieser Autor ist mir erstmals bei den Anthologien der Textgemeinschaft aufgefallen, dort war er fast jeden Monat dabei. Da ich einige dieser Anthologien rezensiert habe, äußerte er sich auch mal in einem Kommentar auf meiner Blogseite und empfahl mir die Schreib-Lust-Monatsaufgaben. Bei Ausschreibungen hieße es schließlich immer nur Ja oder Nein und bei der Schreib-Lust gäbe es Feedback und ebenfalls die Chance, in das Jahrbuch aufgenommen zu werden, sofern der Text unter rund vierzig auf einen der ersten drei Plätze gewählt wird. Dort lernten wir uns dann besser kennen und ein reger Austausch entstand.

 

Daher kenne ich auch einige der Geschichten aus seinem neuesten Erzählband bereits oder habe sie gar schon rezensiert. (Kleiner Hinweis: Gedichte erwähne ich, rezensiere sie aber nicht, weil ich mit damit zu wenig auskenne.)

 

»Wir haben Ihre Tochter.« 

Eine sehr witzige Geschichte mit herrlicher Pointe, die ich allen empfehlen möchte, die mal reinlesen möchten. Die Geschichte gibt es bei der Schreib-Lust online noch zu lesen. 

Das Thema lautete "unbekannter Anrufer" und der Autor hat aus einer Entführungsgeschichte auf kurzem Raum (bei der Schreib-Lust gilt eine Grenzen von 10.000 Zeichen) einiges an Wendungen herausgeholt. 

 

Ich war noch niemals in New York 

Ebenfalls eine Schreib-Lust-Geschichte, allerdings ernster und etwas weniger spektakulär, aber mit sympathischem, sehr nachvollziehbarem Protagonisten, der unter seiner Ehefrau leidet und sich einiges an Tagträumen gönnt.

 

Die Insel

Diese Story hatte ich im Rahmen der Kurschatten-Anthologie der Textgemeinschaft bereits rezensiert und werde in dem Band sogar zitiert. Es wäre daher wohl seltsam, wenn ich das nun erneut rezensiere. Alleine bei dem Gedanken bekomme ich einen Knoten im Kopf. 

 

Waffeln mit heißen Kirschen

Die Geschichte, die der Autor bei den Urlaubslieben der Textgemeinschaft eingereicht hatte, war mir neu, da ich damals nicht alle drei Bände dieser Anthologie gelesen hatte. Auch hier wieder die typische Kothe-Pointe. Es geht in der Geschichte nicht um das, was man erwartet. 

  

Heiße Weihnacht

Die Geschichte kannte ich in der kürzeren Version für die Textgemeinschaft, hier gibt es etwas mehr Futter. Ein sehr besorgter Vater und ein Kind mit zweifelhaften Ideen - an der Grenze zu witzig und gemein, vor allem für Eltern.

 

Trotzdem frohes Fest!

Die Anthologie zum Thema Reisegeschichte der Textgemeinschaft ist noch nicht fertiggestellt, die Stories noch nicht ausgewählt. Michaels Beitrag liest sich sehr autobiografisch. Was, wenn man nach Santiago de Compostela reist und das Gepäck dank einer schusseligen Mitarbeiterin der Fluggesellschaft nach Santiago de Chile? Und was, wenn es in Santiago de Compostela ständig regnet, aber das Haus keine richtige Heizung hat?

 

Wer rettet Weihnachten? 

Ein Rentier und der Weihnachtsmann. Beide alt. Beide brauchen bald mal Ablösung. Diese Geschichte war eigentlich für die Weihnachtsausgabe der Textgemeinschaft gedacht, wurde aber aus persönlichen Gründen nicht rechtzeitig fertig.

 

Petra 

An diesen Septemberbeitrag zur SL zum Thema "Das Ende des Regenbogens" erinnere ich mich noch. Aus dem Leben gegriffen, jedoch ein bisschen weniger pointiert als ich es von diesem Autor gewohnt bin. 

 

Herbst 

Extrem cooler Anfang! Ein Herr, der gerade erst ins Alter eintritt, begegnet einer Dame um die achtzig. Während er nur denkt, sie habe ja nicht mehr viel zu erwarten, beginnt sie ein Gespräch mit ihm und gibt ihm einen Auftrag. Er soll ein Gedicht für ihre Freundin verfassen, die demnächst ihren 80. Geburtstag feiert. Aber bitteschön etwas positives.

Diese Story hat mir sehr gut gefallen. Das darin enthaltene Gedicht wurde im Gedichtband "Herber Herbst" der Textgemeinschaft veröffentlicht. Die Geschichte hatte es bei einer Konkurrenz von 250 Geschichten leider nicht in die Anthologie "Zu neuen Ufern" des Schreib-Lust-Verlags geschafft.

 

Des Lebens Lauf

Das wäre dann das vollständige Gedicht, das in "Herber Herbst" veröffentlicht wurde. Dort gab es übrigens 200 Einsendungen, so viel gab es bei der Textgemeinschaft vorher nie.

 

Enkelfragen

Das ist auch ein Gedicht. Das kannte ich bereits aus dem Sammelband des Bubenreuther Literaturwettbewerb. Thema Klimawandel. Keine leichte Kost.

 

Das Leben ist schnöde

Ebenfalls ein Gedicht, zum Thema "Tod durch Eisessen".

 

Die Macht des Geistes 

Dieser Text entstand zum Thema "Grenzenlos" im Rahmen der Schreib-Lust-Aufgaben und ist wieder ein echter Kothe. Die ganze Zeit frage ich mich, wo sich der Mann befindet (und wie) und erst am Ende kommt dann die pointierte Auflösung. Wegen solcher gekonnten Handgriffe schätze ich diesen Autor!

 

Kostüme

Dieser Beitrag ist für den laufenden Monat, für den gerade abgestimmt wird, zum Thema "Hat sich die Schaufensterpuppe eben bewegt?". Witzig ist, dass diese Story gleich nach "Die Macht des Geistes" kommt, wer beide Geschichten kennt, weiß, dass in beiden ein nackter Mann an einem ungewöhnlichen Ort eine Rolle spielt. Diese Geschichte ist eher ruhig, besticht aber durch eine sympathische Erzählerin und eine ganz leise Pointe, die uns Lesende gekonnt verwirrt.

 

El Alemán

Diese Story war bei den Cockpitgesprächen der Textgemeinschaft nicht nur eine der besten, sondern auch eine der originellsten. Nicht einfach nur Kapitän und erster Offizier im Gespräch, nein, hier fliegt ein recht kleiner Flieger durch Südamerika mit einem eher ungewöhnlichen Beifahrer. Oder Beiflieger.

 

Der »Grove« 

Bargeld soll abgeschafft werden? Was ist dann mit dem schönen, steuerfreien Trinkgeld? In einem spanischen Dorf machen sich ein paar gezielt charakterisierte Figuren da so ihre Gedanken und finden zu einer kreativen Lösung. 

 

Die Corona-App 

Dass das eine Satire war, haben im Sommer im Schreib-Lust-Forum nicht alle bemerkt bzw. man war sich nicht ganz sicher.  

 

Wiedersehen in Coronazeiten 

Sehr kurz, pointiert und witzig - so etwas in der Art ist mir auch passiert, seit wir alle Masken tragen. Gerade im Winter, wenn dann auch noch Mützen dazu kommen, wird es schwer, sich noch wiederzuerkennen.

 

Marion wieder besser v***** können! 

Grins. Was man so im Home Office macht, um sich von der Arbeit abzulenken. Auf den Schluss wäre ich nicht gekommen, so etwas klappt nur, wenn in der Ich-Form erzählt wird.

 

Sehnsucht, Begehren, Abschied - das sind alles Gedichte.

 

Wertanlage 

Ist das Kunst oder ist das nichts wert? Und macht es etwas, wenn man durch einen besonders teuren Gegenstand zu Tode kommt?

 

Tod dem Waidmann! 

Die Jagd nach einem vermeintlichen Mörder - vielleicht kannte ich die Geschichte schon (in verkürzter Form, irgendwo?), jedenfalls ahne ich die Pointe sehr früh.

 

Das alte Meer und der Mann 

Ein toller Krimi mit einem sympathischen Ermittler und ein mysteriöser Mordfall: Ein Ehepaar kaum auf einem Boot zu Tode. Die Einzelheiten sind nicht appetitlich, aber das Ganze ist so dermaßen gut geschrieben, dass ich dabei bleibe, obwohl ich schon ahne, wer für die Tode verantwortlich ist, wenn ich auch bis kurz vor dem Ende keine Ahnung habe, wie es geschehen ist. Die Schlusspointe sitzt. 

 

Taxi

Diese Geschichte über die Taxifahrerin Sam in Philadelphia kannte ich bereits aus dem Jahrbuch des Schreib-Lust-Verlags. Die kam seinerzeit locker aufs Treppchen (1. Platz). Ich habe sie erneut gelesen, da ich sie sehr gelungen finde. Plus, die Story besteht den Bechdel-Test. Die beiden Frauen im Taxi unterhalten sich keineswegs über Männer. Weil ich nett bin, hier die Story zum Nachlesen: Taxi auf der Schreib-Lust.

 

»Überraschung!« (ein Nachwort) 

Yeah! Wieder eine gelungene Anhologie. Und ich war ganz überrascht, unter den anderen Büchern des Autors auch einen Roman zu finden: Siebenreich - Die letzten Scherben. Ich lese ja fast nie Fantasy, aber vielleicht ist es ja etwas für euch?