"Du, Yvonne, am Sonntag kommt eine Folge der Sendung mit der Maus zum Thema Holocaust", schreibt meine Mutter mir einige Tage vor der Ausstrahlung am 26.01.2025. "Vielleicht noch nichts für K2, aber für das ältere Kind."
Ich nahm mir vor, die Sendung mit K1 zu schauen und antwortete zufällig einer guten Bekannten bei Blue Sky, als sie etwas zum Thema Zeitzeugen des Holocaust postete.
Jetzt verstehe ich auch, was die Leute meinen, wenn sie sagen, dass niemand beeinflussen kann, was "viral" (für meine Verhältnisse jedenfalls) geht. Meine Antwort wurde immer und immer wieder geteilt und geliked, etwas, das ich nach Jahren (eigentlich eher Jahrzehnten) bei Social Media noch nie erlebt habe.
Nun haben K1 (9 Jahre alt) und ich die Folge in der Mediathek auch angeschaut und ich teile gern meine Eindrücke.
Sendung mit der Maus: Ungeschönt, mit Details am richtigen Platz und viel Liebe zu Leben und Kunst
Zu Beginn der Folge gibt es eine Art Content Note, in der zwei Menschen aus dem Maus-Team auf das Thema hinweisen und auch darauf, dass in der Mediathek noch eine alternative Folge, ohne den geschichtlichen Kontext, zur Verfügung steht.
Ich würde auch empfehlen, auch mit älteren Kindern die Folge lieber gemeinsam anzuschauen, da sie durchaus Fragen aufwerfen könnte. K1 musste danach viel nachdenken, fand die Folge aber großartig.
Meine Mutter hat gelesen, dass die Folge eher für Kinder in der dritten oder vierten Klasse ausgerichtet ist. K1 ist in der dritten Klasse, ich vermute auch, dass das für die meisten Kinder in dem Alter eine gute erste Art ist, sich dem Thema zu nähern.
Als zweite Sprache gab es diesmal hebräisch.
Gestartet wird mit den Stolpersteinen, die vermutlich die meisten Kinder schon mal gesehen haben. Die Moderatorin umreißt kurz, wie die Nazis an die Macht kamen und was sie (grob, ohne Details) getan haben.
Der Fokus lag schnell auf den Verboten für die jüdische Bevölkerung und die Behandlung eben derer. Dies wurde am Beispiel des Künstlers Felix Nussbaum etwas detaillierter geschildert.
Nun hat das Maus-Team etwas sehr schlaues, schönes getan, das mich tief beeindruckt hat. Zwar wurde absolut klar, dass Felix einer von vielen war, der in einem Vernichtungslager getötet worden ist ("ermordet" wurde auch gesagt, die Stolpersteine wurden ja gezeigt) und es wurde auch nichts geschönt, aber der Fokus lag eben auf Felix' Leben und nicht auf seinem Tod. Der Verlust wurde deutlich, indem uns gezeigt wurde, was für Kunst er gemacht hat.
Er hat auch, gemeinsam mit einem Freund, einen Zeichentrickfilm (die Geschichte von Pit und Peggs) entwickelt, von dem nur das Drehbuch und einige s/w Zeichnungen erhalten sind, und die sind auch erst kürzlich wieder aufgetaucht, auf dem Dachboden ebenjenen Freundes. Das haben sie damals nicht mehr verwirklichen können.
Jetzt hat das Maus-Trickfilmteam diesen Film (ca. vier Minuten lang) verwirklicht und da sechs Monate Arbeit reingesteckt!
Es ist ihnen gelungen, einen schönen (K1 hat's gefallen, mir auch) und trotzdem irgendwie altmodischen Zeichentrickfilm zu erstellen, voller Liebe zum Detail und stellenweise mit witzigen Ideen (die von Nussbaum und seinem Freund stammten).
Vorab wurde das Maus-Trickfilmteam auch in einer Art Making-Of gezeigt, wie sie voller Respekt (und teilweise großem Spaß an der Arbeit) verschiedentliches umgesetzt haben.
Am Ende kam noch Felix' Tod. Foto von Ausschwitz von außen in schwarzweiß. Mit dem Hinweis, dass sie hier nur eine Geschichte erzählt haben, es aber viele mehr gäbe. Hinter jedem Stolperstein ist eine. Sie haben keine Zahlen genannt (das bleibt ggf. den Eltern überlassen). Der Abschied war dann eher wieder etwas leichtherziger mit Teenagern, die Stolpersteine polieren.
Eigentlich haben sie es ähnlich gemacht wie ich es bei schwierigen Themen oft mache, nach denen die Kinder fragen: Bei harten Informationen die Wahrheit sagen, aber mit Details geizen. Es wurden keine heftigen Bilder gezeigt, keine Zahlen genannt, keine Begriffe wie Erschießungen oder gar Gaskammer.
Wohl gezeigt wurden Fotos von dem Lager in Frankreich, in dem Nussbaum zwischendurch war, es wurde auch erwähnt, dass Menschen in den Lagern verhungert seien; Nussbaums Angst vor dem Entdeckt-Werden nach seiner Flucht und sein Versteck wurden gezeigt, auch sein Aufgreifen.
Wenn ein Kind die Sendung anschaut, hat es danach eine ausreichend gute Idee vom Holocaust, aber ohne sich Details vorstellen zu müssen, die es noch nicht verarbeiten kann.
Es ist aber definitiv ein Thema, das Fragen aufwirft. Unser jüngeres Kind (fast sechs Jahre alt) hätte zu viele Fragen gehabt und fast nichts, woran es hätte anknüpfen können. Es hat vom zweiten Weltkrieg gehört und die Berliner Mauer gesehen, mehr weiß es nicht. K2 weiß schon mehr und hat auch mal von Anne Franck gehört, von Hitler und von der Verfolgung des jüdischen Volkes. Es hat sich oft Stolpersteine genauer gemeinsam mit der Oma angeschaut.
Eine sehr lebensbejahende und trotzdem aufrichtige Art, sich dem Thema zu nähern. Ich bin beeindruckt von der Folge!
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