Es gibt ja nicht so irre viele SF-Dystopien für Kinder (oder?), jedenfalls war das für unser ältestes Kind (8 J.) die erste.
Ihr hat es gut gefallen. Klar, der Plot spielt 2031, da hat sich noch nicht so viel verändert. Es ist aber trotzdem interessant, wie Berlin bis dahin aussieht in der geschilderten Welt. Das zeitreisende Kind, Jochanan, hingegen kommt aus einer sehr dystopischen Zukunft, in der "das Pack" vor den Mauern haust und die Reichen sich abschotten.
Die erste Perspektive ist jene von Jochanan, natürlich geht bei der Rückreise etwas schief und er bleibt alleine ohne seine Familie im Jahr 2031 zurück und muss sich nun nach Berlin durchschlagen, wo er in wenigen Tagen die Chance hat, doch noch nach Hause zurückzukehren.
Die zweite Perspektive ist die des Dr. Paulus, dem Bösewicht der Story. Die letzten drei Perspektiven sind jeweils die anderer Kinder aus dem Jahre 2031, die Jochanan bei seiner Misere helfen und teilweise (im Falle von Akascha, der die Abschiebung nach Pakistan droht) auch eigene Probleme haben.
Ehrlich gesagt hätten wir mehr erwartet. Letztendlich geht es dann doch nur darum, den versehentlich 2031 gestrandeten Jochanan wieder nach Hause zu bringen. Mit einem offen bleibenden Side-Plot um Akascha, die auch von 2031 in die Zukunft will,
Ich hätte erwartet, dass mehr rund um das "Wie verhalten wir uns in der Gegenwart, damit die Zukunft besser wird" geht, auch wenn das ausgelatschte Pfade sind (aber ja nicht unbedingt für diese Zielgruppe).
Diese Erwartung wird enttäuscht.
Ebenfalls enttäuscht waren wir über das Lasermesser. Hieß es nicht von dem alten Mann (dessen Identität ja cool aufgeklärt wird), das Messer würde ihm das Leben retten? Vielleicht haben wir das verkehrt in Erinnerung und es hieß nur, es würde Jochanan irgendwie nützlich sein.
Die Perspektivwechsel fanden wir sehr cool. Der Bösewicht Dr. Paulus ist super gelungen, hat ein Ziel, mit dem man sich identifizieren kann, aber seine Wege sind nicht in Ordnung (Kinder bedrohen, entführen). Man kann sich herrlich über ihn aufregen.
Es gibt viel Spannung. Insgesamt ein gutes Buch. Die Figuren sind alle sehr überzeugend, der Weltenbau auch. Das Thema Zeitreisen wird super behandelt und die Idee mit dem Somniavero hat uns gefallen.
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Anja Stürzer (Mittwoch, 31 Januar 2024 23:52)
Vielen Dank für die Rezension! Es freut mich ja, dass das offene Ende mit Akascha Euch zum Fabulieren angeregt hat – das war durchaus so beabsichtigt :-). Solltet Ihr aber Lust bekommen haben, Akascha in die (tatsächlich ziemlich düstere) Zukunft zu folgen, so könnt Ihr das demnächst tun: Hoffentlich rechtzeitig zur Leipziger Buchmesse soll nämlich endlich die Fortsetzung von "Somniavero" erscheinen. Zehn Jahre lang lagen die Rechte beim Verlag Mixtvision, der dafür leider nicht zu begeistern war; jetzt liegt das fertige Manuskript beim Oldib-Verlag .
Was die ausgelatschten Pfade des Verhaltens in der Gegenwart angeht: Es ist verdammt schwierig, einen halbwegs realistischen Plot zu ersinnen, in dem die Protagonisten die Welt retten – da rutscht man ganz schnell in den Superhelden-Modus oder wird unangenehm didaktisch. Leider hat der Einzelne ja nur eingeschränkte Möglichkeiten, konkret etwas gegen den globalen Klimawandel oder das Artensterben zu tun. Mein Motto ist daher: "Think globally, act locally". Dazu sollte auch die Geschichte anregen. Wir haben seinerzeit viele Projekte mit Schulen gemacht, und ich hoffe sehr, dass bei dem einen oder anderen Schüler etwas hängengeblieben ist.
Last but not least: Das Lasermesser… "es könnte Dir eines Tages das Leben retten", war die Formulierung. Eine kritische Situation, in der das Messer Jochanan aus der Patsche geholfen hat, war die Auseinandersetzung mit den Jugendlichen in Kreuzberg. Wer weiß, wie das ausgegangen wäre, wenn Jochanan nicht das Lasermesser dabei gehabt hätte...? Diese Situation noch (lebens-)bedrohlicher zu schildern war angesichts der Zielgruppe seinerzeit übrigens nicht im Sinne des Lektors. Aber das Lasermesser kommt auch in der Fortsetzung wieder zum Einsatz! :-)
Yvonne Tunnat (Donnerstag, 01 Februar 2024 06:39)
Liebe Anja,
bei einem zweiten Teil von Somniavero wären wir definitiv "all in" und dabei!
Wir sind auch für andere Empfehlungen aus deiner Feder offen. Kind ist schon acht und liest recht fortgeschrittenes, aber es wächst noch ein anderes Kind nach, wir brauchen also noch einige Jahre lang Buch-Empfehlungen!
Oh ja, stimmt, jugendfrei müssen die Inhalte ja sein, K1 ist ziemlich hart im Nehmen und hätte eine lebensbedrohliche Situation sicher cool gefunden. Aber es war schon sehr zufrieden mit der Gefahr, in der die Hauptfiguren sich die ganze Zeit befanden.
Und sehr cooler Antagonist!
Ich bin jedenfalls gespannt und danke für die Infos und das Feedback!
LG Yvonne