Inhalt
Die Historie der Daedalos (auch erläutert von Carsten Kuhr in seiner Rezension) reicht zurück bis 1994. Das hier ist zwar die 13. Ausgabe, doch gab es seit 2002 ein langes Schweigen, das nun gebrochen wird.
Diese Ausgabe ist größtenteils gelungen mit einer Geschichte, die sich so dermaßen positiv aus den hunderten von Kurzgeschichten, die ich 2022 gelesen habe, heraushebt, dass ich mich vermutlich immer an sie erinnern werde.
Meine Highlights
Soll ich wieder die Flucht nach vorn antreten und begründen, warum ich nur meine Highlights öffentlich rezensiere? Sagen wir mal so: Das mache ich bei Romanen ja auch so.
Silke Urbanski: Ophelia springt in den Baum
Das ist großartig. Wow. Wenn das SF wäre, ich würde das definitiv nominieren! Es ist "leider" nur normale Phantastik. Ich habe noch nie von der Autorin gehört, aber wenn sie immer so schreibt, dürft ihr mir gern all ihre Prosa empfehlen!
Die Geschichte ist aus der Sicht einer sechzehn Jahre alten Katze (personale Sicht). Ihr Frauchen ist alt und seit einem Schlaganfall pflegebedürftig. Die phantastische Komponente ist, dass die beiden sich normal verbal unterhalten können (wie Petterson und Findus).
Die eigentliche Pflegekraft besucht ihre Familie in Ghana, die Vertretung vergisst sie erst, dann kommt sie sieben Tage zu spät und verhält sich erstaunlich gemein. Ich bin sofort emotional aufgewühlt, sehr nah an den Figuren und empfinde für sie, als wären es meine geliebten Nachbarn. Die Geschichte nimmt mich so sehr mit, dass mir tatsächlich die Tränen kommen. Ganz großes Kino. Extrem gut!
Marco Frenschkowski: Der Verrat
Hat mir richtig gut gefallen, vor allem stilistisch. Nicht viele kriegen diesen Tagebuchton so authentisch hin. Zuerst war ich mir nicht mal sicher, ob das tatsächliche Tagebucheinträge sind, so echt klingt das alles. Als die Komponenten dann immer phantastischer wurden, hat sich das gelegt.
Schön ist, dass das erzählende Ich seinen Büchern so viel Respekt entgegenbringt und noch schöner, dass sie ihn dann mit bisher unbekannten Büchern belohnen. Zumal die Beispiele für jeden Phantastik-Fan auch mehr als nett und gut recherchiert sind: Diese Bücher hätte es geben können, wenn es sie auch keineswegs jemals gegeben hat.
Der Antagonist ist dann tatsächlich originell mit klarer Agenda. Das Problem des Geldmangels passt sehr in diese Zeit (seufz), und das Ende ist versöhnlich. Ein perfekter Einstieg in das Heft.
Kai Focke: Wie man einen Bestseller abstaubt
Storys über Vampire sind ja oft heikel, aber bei Focke fühle ich mich wohl. Die Story hat Witz und einen rasanten Plot.
Die Pointe ist gelungen. Ganz besonders viel Spaß hat man wohl, wenn man die entsprechenden Bücher kennt, auf die angespielt wird, aber vermutlich reichen auch die Filme dazu (Interview mit einem Vampir, Dracula).
Peter Stohl: Die geheimen Worte
Große Stärke die gelungene Perspektive. Es erinnert an altmodische Grusel-Storys und passt von der Atmosphäre her sehr, darüber hinaus ist der Grusel eher subtil und einiges wird nur angedeutet bzw. muss vom Lesenden interpretiert werden, da die Ich-Erzählerin nicht alles richtig deutet.
Alle enthaltenen Geschichten
Marco Frenschkowski: Der Verrat
Monika Niehaus: Unterwassermusik
Ellen Norten: Rita
Oliver Henzler: Bofinger geht ans Licht
Alexander Klymchuk: Teufelswerk
Kai Focke: Wie man einen Bestseller abstaubt
Thomas LeBlanc: Frühstück mit Lernet
Peter Stohl: Die geheimen Worte
Maike Braun: Das Meer der Verdammten
Silke Urbanski: Ophelia springt in den Baum
F. O. Tenneberg: Der Advokat (ein Klassiker, keine Erstpublikation)
Wie bin ich zu dem Buch gekommen?
Eigentlich wollte ich nur die Kurzgeschichten von Maike Braun lesen, da diese einen leichten Touch in die SF hat (wenn auch letztendlich nur wegen der Pointe).
Dann wurde aber angeregt, eine Rezension zum ganzen Heft sei auch nicht verkehrt. Da es wirklich kurz ist und mir einige Geschichten sehr gefallen haben, hier eine Rezension des Heftes bzw. meiner Highlights daraus.
Rezeption
Es gibt bei den Phantastiknews eine Rezension von Carsten Kuhr.
Harte Fakten
Titel | Daedalos 13 |
herausgegeben von | Ellen Norten, Michael Siefener und Andreas Fieberg |
Verlag | p.machinery |
Rezensionsexemplar | nein, aber Frei-Exemplar für den DSFP |
Erscheinungsjahr | 2022 |
Seitenzahl | 74 |
Anzahl Geschichten | 11 |
Original Twitter Tweet | https://twitter.com/Rezensionsnerd1/status/1600112297132728320 |
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