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Laylayland (Wasteland 2) von Judith und Christian Vogt

Inhalt

Das schreibende Duo verfasst oft Fantasy, aber zu meiner großen Freude eben manchmal auch SF.

 

Ich habe Wasteland nur in Auszügen gelesen, aber das macht nichts, denn hier gibt es zu Beginn des Buchs eine Zusammenfassung. Zwar bedauere ich an einigen Stellen, dass ich Teil 1 nicht komplett kenne, aber der Handlung kann ich super folgen. 

 

Laylayland gibt es für 18 Euro im Plan9-Shop als Print oder für 12,99 Euro als Ebook.

 

Mehr Informationen über die Autor:innen hier - Judith C. Vogt & Christian Vogt.

 

Konkret zum Roman

Zeeto hat sich in Teil 1 (ziemlich zu Beginn) die Wastelandkrankheit zugezogen.  Laylay und das Baby Mtoto (das Zeeto in Band 1 gefunden und irgendwie adoptiert hat) sind immun. Es ist noch etwas komplexer als das, sie sind Feralis, was den Weltenbau etwas phantastischer macht, als in der meisten SF so üblich, aber mein phantastischer Muskel ist hier nicht überfordert.

 

Die drei sind unterwegs Richtung eines geheimen Labors, um ein Gegenmittel zu finden. Dort finden sie überraschende Antworten, aber noch mehr Probleme - und werden erstmal getrennt. 

 

Angenehm ist, dass der Roman nur auf Action setzt, wenn der Plot das verlangt und ich mir am Ende nicht vorkomme, als würde ich den obligatorischen Showdown lesen, nur weil es jetzt an der Zeit dafür ist. Im Gegenteil. Die krasse Kampfszene erfolgt in der Mitte des Romans und liest sich sehr filmisch, plus Innensicht von Laylay. Dank ihrer werwölfischen Eigenschaften finde ich auch einiges daran frisch und originell. 

 

Es gibt außerdem eine Art Sexszene, die ich sehr aus dem Leben gegriffen fand und die definitiv nicht zu diesen verzichtbaren Szenen gehört, die ich gern in Romanen (oder gar Kurzgeschichten) finde. Gut beobachtet und viel Respekt, sowohl seitens der Figuren als auch seitens der Autor:innen.

 

Gegen Ende gibt es übrigens einmal ein Covid-19-Gefühl, als zwei Figuren Abstand zueinander halten müssen. 

Sprache

Es dauerte für mich eine Weile, bis ich drin war, denn der Stil ist sehr eigen. Dann habe ich es umso mehr genossen. 

Nicht nur, dass die Vögte Phrasen vermeiden oder gezielt einsetzen (der Großteil des Romans wird von Zeeto und Laylay abwechselnd aus der Ich-Perspektive erzählt), sie haben auch einiges an der Sprache in die Zukunft gedacht. Das ist großartig gelungen und wird  leider zu selten versucht.

 

Einige großartige Bilder zitiere ich gern:

"rumpelstilzesker" - schönes Wort, lese ich selten bis nie, kann aber sofort etwas damit anfangen

 

"Die Kerzenflamme flackert. Irgendwann kommt der Windstoß der Depression oder das Wachs ist einfach weggebrannt" (Zeeto ist bipolar - an anderer Stelle des Romans erklärt er meines Erachtens auch Depression sehr gut)

 

"Hier gab es keine Verkehrsschilder. Wir waren wie Fusseln in den Nabel der Welt geflutscht, keine weiteren Hinweisen nötig."

 

Manchmal gibt es auch Humor. Jemand (ich meide jetzt mal Spoiler) fragt Zeeto, ob Laylay ihn fickt. Er denkt:

"Wozu soll ich sagen: Ich bin ihr Freund, habe mir eine Seuche zugezogen, während ich ein Baby gerettet hab, und jetzt suchen wir das Heilmittel, wenn ich einfach sagen kann: Ja, genau, wir ficken."

 

Schön auch: "Meine Gedanken sind mehrspurig unterwegs"

 

Mein Lieblingssatz: "Manche Standbilder fühlen sich so ewig an, da scheint es mir ausgeschlossen, dass wir irgendwann sterben."

 

Gelegentlich ist mal eine Wortwiederholung durchgeflutscht (elend/elende rasch hintereinander), sonst ist es sorgfältig und sehr angenehm geschrieben.

 

Es ist übrigens entgendert verfasst und das fällt selten auf (keine Sonderzeichen in Worten), ganz selten sehe ich mal ein Wort, von dem ich merke, dass es absichtlich nicht im generischen Maskulinum steht wie "Verfolgenden".

Romanfiguren

Zeeto und Laylay fühlen sich absolut echt an. Besonders imponiert hat mir ihre Liebesbeziehung. Obwohl es durchaus Probleme gibt (sowohl von extern als auch intern) und auch nicht immer alles glatt läuft, gehen sie ihre Probleme auf eine erwachsene, nachvollziehbare Art und Weise an.

Das ist außerordentlich gut gelungen. Die Liebe zueinander kaufe ich ihnen genauso gut ab wie die gelegentlichen Zweifel oder auch Eifersucht.

 

Großartig (und sorry für den leichten Spoiler) ist Laylays Umgang mit Zeetos Verliebtheit in Miron (Zeeto ist poly und bi). Obwohl sie ihre Eifersucht sich selbst oder Zeeto gegenüber nicht verleugnet, schafft sie es dennoch, das zu respektieren und sogar zu akzeptieren und das, ohne sich selbst dabei zu vergessen.

Das. war. ganz. großes. Kino.

Dadurch wurde ich Fan von Laylay (vorher war ich mehr Zeeto-Fan). 

 

Auch die Nebenfiguren (allen voran Mtoto, das Findelkind und quasi-Kind von Zeeto und Laylay seit Teil 1 und Miron) sind überzeugend. Sogar die Antagonistin ist in ihren Motiven nachvollziehbar, auch wenn ich mir hier ein paar Grautöne mehr gewünscht haben. Vielleicht fand ich sie auch nur so krass böse, weil sie haargenau gegen meine persönlichen Werte verstoßen hat, da blieb dann für mich nicht viel Grau übrig.

Buchaussage

In der A-Story ist es eine postapokalyptische Story, der im Plot nichts fehlt: Virus, KIs, Erpressung, Entführung, eine blutige Kampfszene, Abenteuer im Flugzeug. Alles im Stile des Hopepunk, ein Subgenre, das für mich immer noch recht neu ist.

 

In der B-Story würde ich sagen: Familie ist keine Frage von Blut. Familie ist eine Frage der Wahl, eine Frage der Liebe. Wenn man zufällig auch verwandt ist, okay. 

Vermutlich würde ich auch noch eine andere B-Story finden: Liebe ist, den anderen komplett so zu akzeptieren, wie er ist, auch wenn man es lieber anders hätte. Das finde ich übrigens großartig.

 

Plus, ein absolut subtiles, aber überzeugendes Plädoyer gegen Ableismus, vor allem am Ende. Zeeto ist bipolar und ist den gesamten Roman über auch noch schwer von der Wastelandkrankheit befallen. Und es ist ein Ende, dass dem Hopepunk würdig ist (denke ich), aber eben nicht dem schillernden (und oft vorhersehbaren) "Alles ist hundekuchengut"-Hollywood.

Wie bin ich zu dem Buch gekommen?

Hey, frische SF! Plus, ich habe Anarchie Déco schon sehr genossen. 

Diversität

PoC, casual Queerness, eine fiese Krankheit - ich fange gar nicht an, das alles zu untersuchen! Es ist dabei auch noch nie aufgesetzt, fühlte sich alles echt und überzeugend an. 

Plus, Laylay ist etwas dicker. Damit scheint sie manchmal zu hadern, was sie mir näher bringt.

Harte Fakten

Titel Laylayland 
geschrieben von Judith und Christian Vogt 
Verlag Plan 9 (Link zum Shop)
Rezensionsexemplar nein, aber Frei-Exemplar für DSFP 
Erscheinungsjahr 2022 
Seitenzahl 400 
Original Twitter Tweet https://twitter.com/Rezensionsnerd1/status/1585159563866619904 
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