Inhalt
Danke an den Splitter-Verlag für das Rezensionsexemplar.
Ich lese Comics nicht sehr regelmäßig, bin aber ein großer Fan von Frankenstein. Dazu muss ich sagen: Ich kenne keine (!) der Verfilmungen, aber das Originalbuch sehr gut und halte es für eines der besten Bücher aller Zeiten.
Es ist Frankenstein nach Mary Shelley - nicht Wort für Wort wie das Original. Dies wird vor allem im ersten Drittel klar, einiges ist eben doch eher "frei nach Mary Shelleys Frankenstein", wenn auch der Plot dem Original recht werkgetreu folgt.
Eigene Prioritäten
Dieser Abschnitt enthält Spoiler, da die Geschichte in groben Zügen als bekannt vorausgesetzt wird. Wer die Geschichte nicht kennt, liest bei der grafischen Umsetzung und beim Fazit weiter.
Der Aufbau folgt dem Original - es beginnt auf See in Schnee und Eis und endet auch wieder dort, sowohl Viktor Frankenstein als auch sein Monster agieren zwischenzeitlich als erzählende Figuren. Es fehlt meiner Ansicht noch nichts am Plot, es werden jedoch eigene Akzente gesetzt und auch etwas hinzugefügt.
Der Bau des Monsters nimmt sehr viel größeren Raum ein als es das bei Shelley tat. Dort bleibt einiges im Ungewissen und sehr subtil. Der Comic wird hier explizit, auch in der Problemlösung: Die großen Organe passen in keinen Körper. Doch dann ist der Circus Vidali in der Stadt mit dem größten Mann der Welt, der praktischerweise erschlagen wird, so dass Viktor und sein Helfer die Leiche klauen und verwenden können. A Propos Helfer: an einen Helfer namens Sven habe ich keine Erinnerung. Den gibt es im Originalroman nicht. Sven sieht außerdem so aus, als müsse er eigentlich Igor heißen. Auch den gibt es im Roman nicht, aber offenbar in Verfilmungen.
In der Prämisse folgt der Comic aber sehr eng der Vorlage, auch hier ist Viktor entsetzt, als er feststellt, dass er ein Monster erschaffen hat:
"Das Wesen, das ich in die Welt gesetzt hatte, war ein abscheuliches Monster! Ein hässlicher, abstossender Riese! Ein unbändiger Widerwille gegen dieses ... Ding erfüllte mich"
Auch hier lernt das Monster sprechen und lesen, auf dieselbe Weise wie im Roman. Zu meiner großen Freude fehlt auch nicht die Szene, in der sich das Monster mit einem blinden alten Mann unterhält - überhaupt die spannendste Szene des Romans.
In der Schilderung der Erlebnisse und Erfahrungen des Monsters habe ich keine Abweichungen festgestellt, nur vielleicht im Detail, so liest das Monster im Roman den Werther, so konkret wird der Comic nicht.
Auch hier verlangt das Monster von Viktor, ihm eine Gefährtin zu bauen, mit demselben Ausgang wie im Buch.
Allerdings türmt das Monster ("der Unhold", wie ihn Viktor im Roman nennt) im Comic mit der Leiche Viktors, im Roman springt er ohne die Leiche aus dem Fenster der Kajüte. Ich finde aber den Zusatz, dass er sich die Leiche schnappt, sehr gelungen und habe dieses leicht abweichende Ende genossen.
Grafische Umsetzung
Die Atmosphäre der Bilder ist toll. Schöne Details. Frankensteins Monster mit langem Haar - so muss das sein! Auch Viktor Frankenstein erscheint mir gelungen. Hübsch das Bild, wie das Monster seinen toten Schöpfer am Ende durch den Schnee trägt.
Das Monster, muskulös mit sichtbaren Nähten, gruseligem Gesicht - das hat was!
Fazit
Lesens- und betrachtenswert, sehr wertig, kann man sich schön ins Regal stellen und immer wieder darin blättern. Rascher zu lesen als der Roman, und (vermutlich) trotzdem näher dran an der Botschaft des Romans als die Verfilmungen, kann man so auch einen Klassiker nachholen (wobei der Roman mit etwas mehr als 200 Seiten auch nicht sehr dick ist und außerdem gut lesbar, obwohl er 200 Jahre alt ist).
Harte Fakten
Titel | Mary Shelley: Frankenstein |
gestaltet von | Georges Bess |
Verlag | Splitter-Verlag |
Rezensionsexemplar | ja, danke hierfür |
übersetzt von | Harald Sachse |
Erscheinungsjahr | 2022 |
Seitenzahl | 208 |
Preis | 39,80€ |
Original Twitter Tweet | https://twitter.com/Rezensionsnerd1/status/1547503280078700545 |
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