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In wenigen Wochen werde ich einen Podcast zum Thema Queer SF machen, dazu habe ich mir zwei Spezialist:innen eingeladen.
Zwar suche ich vorher nicht explizit nach Queer SF, aber wenn ich etwas finde, vorzugsweise etwas gutes, dann poste ich es. Kürzlich habe ich schon die sehr bemerkenswerte Kurzgeschichte Wind get herself a new place gefunden und besprochen.
Von "Reckoning 6" habe ich in der neuen Locus erfahren. Das Lesen ist nicht ganz leicht, nicht jede Story beginnt szenisch, die Themen sind ähnlich (Wasser! Climate Fiction), oft sind es mehr Zukunftsschilderungen als echte Storys.
"Babang Luksa" von Nicasio Andres Reed beginnt auch recht beschreibend. Dem Thema sehr angemessen, aber ich als Leserin steige lieber mit den Figuren ein. Da jedoch die Locus-Rezension die Geschichte ausdrücklich lobt und offenbar Themen behandelt werden, die ich in der SF sehr schätze (Familie!), habe ich der Geschichte eine zweite Chance gegeben. Und ja. Es ist Liebe auf den zweiten Blick.
Gino, die Hauptfigur, kehrt nach langer Zeit zum ersten Mal zurück nach Hause. Dort steht das Wasser inzwischen sehr viel höher als bei seinem Weggang damals, vor über zehn Jahren. Wasser, Schlamm, Nässe - Teile des Orts fehlen mittlerweile, was Einfluss auf so ziemlich alles hat wie auch die Lage des Friedhofs, der Job- und Wohnsituation.
Die Heimkehr von Gino in seine Heimat ist gut beschrieben und Gino ist ausreichend gut ausgeleuchtet, um mein Interesse zu halten. Doch richtig an Fahrt nimmt die Geschichte erst auf, als Gino sein Familienhaus betritt, das er anlässlich einer Familienfeier besucht. Bemerkenswert, immerhin hat er die Beerdigung seines Vaters vor einem Jahr geschwänzt. Entsprechend wird er auch von seinem großen Bruder Stevie begrüßt. Stevie ist mit Kevin verheiratet und die beiden haben zwei Töchter. Insgesamt handelt es sich um eine recht große Familie mit allen Nuancen, die so dazugehören.
Gino kriegt kräftig Gegenwind, da er so lange fort geblieben ist. Mindestens Stevie und Kevin nehmen ihm das übel und lassen das auch sehr deutlich heraus. Ginos Mutter geht damit anders um, es wird klar, dass sie seine Entscheidung respektiert.
Die Geschichte gewinnt durch die kleinen Details. Ein Beispiel:
From his [Gino's] left, Lenny shovels all the olives from his own plate onto Gino's, an old joke he'd forgotten they shared. "Good to have you around here," Lenny says.
"Can't get anyone else to take these off your hands?"
"Not all of 'em at once, I gotta do two here, three there, hit five, six plates. It's a logistical nightmare."
Beruflich ist Gino mit Infrastruktur beschäftigt in der Army Corps of Egenieers (mostly Civilians). Es gibt angenehm wenig Infodump (keinen?), aber man merkt im Laufe der Geschichte schon recht genau, was in der Welt los ist. Genau so lese ich das gern!
Die Dialoge sind das große Plus, sie klingen einfach alle echt, gut verständlich auch für Leute wie mich, die Englisch nicht als Muttersprache haben.
Ähnlich wie bei dem Roman "New York 2140" ist hier das eigentlich Thema "Zuhause bewahren". Nur dass Reed im Gegensatz zu Kim Stanley Robinson etwas näher an die Menschen und ihre Beziehungen heranzoomt und weniger erklärt, mehr zeigt. Außerdem zeigt Reed in der Figur des Gino, dass man sich auch anders entscheiden kann und was diese Entscheidung mit den Beziehungen macht. Alles ist sehr plastisch und lebensecht, nichts wird erklärt, ich darf alles selbst erfahren. Eine tolle Story. Den Autor muss ich beobachten.
Bemerkenswerte kleine Geschichte, in der eigentlich nicht viel passiert.
Über die Autor:in
Mir war der Autor neu. Hier seine Webseite. Twitter und Insta hat er auch. Insta folge ich jetzt mal.
Diversität
Abgesehen mal von dem naheliegenden - es gibt queere Figuren, hier Stevie und sein Ehemann Kevin - ist die Familie Filipino und Italian.
Harte Fakten
Titel | Babang Luksa |
geschrieben von | Nicasio Andres Red |
erschienen in | Reckoning 6 |
Erscheinungsjahr | 2022 |
Original Twitter Tweet | https://twitter.com/Rezensionsnerd1/status/1535157407340544000 |
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