Inhalt
Selbstverständlich habe ich die neue Ausgabe des Weltenportals sofort gelesen und mir Notizen gemacht.
Die meisten Geschichten sind SF, einige auch Fantasy, genaueres gibt es hier.
Gern möchte ich hier eine kleine Auswahl der zehn Geschichten und Artikeln rezensieren.
Schmidt, Michael: Der Samen der Veränderung
Auch wenn Phrasen ja nicht so mein Ding sind: Hier hat der Autor diese gekonnt dafür eingesetzt, eine gewisse Atmosphäre zu schaffen und uns in eine Steampunk-Welt zu versetzen. Dies ist stilistisch sehr gut gelungen. Anfänglich werden einige Rätsel aufgeworfen, die mich interessieren.
Es gibt Verführung und intimes Beisammensein. Die Absichten sowohl des Herrn als auch der Dame laufen nicht auf eine längere romantische Beziehung hinaus.
Coole Botschaft und noch cooleres Ende.
Engel, Renée: Trautes Heim
Mein persönliches Highlight in dieser Ausgabe. Hier wird gekonnt Spannung erzeugt! Es gibt mehr als einen Twist und nicht alle habe ich kommen sehen.
Mit einigen Details am Ende bin ich nicht ganz mitgegangen, ich habe seitdem mit anderen über die Geschichte gesprochen und offenbar fanden andere Leser:innen aber alles logisch und stringent, also lasse ich hier the Benefit of a doubt gelten.
Insgesamt ist es aber einfach SF, wie ich sie sehr mag: Im familiären Umfeld, in einer gut vorstellbaren Zukunft mit Möglichkeiten, wie sie heute noch nicht existieren.
Die Familienzusammenstellung ist die übliche (auch wenn gleich klar wird, dass etwas nicht ganz stimmt): Vater, Mutter, Tochter, Hund
Es gibt eine Art Cliffhanger durch einen Zeitsprung, was Geschmackssache ist, hier aber gut funktioniert und aufgebaut ist.
Die Pointe ist zwar nicht absolut neu, aber gut vorbereitet. Plus, die Spannung, die die Geschichte trägt, sucht seinesgleichen.
Rocker, Katja: Von den Sternen
Der Protagonist Dev kommt von einem Planeten aus dem Sonnensystem Proxima Centauri und Dev muss auf der Erde einmal im Monat sein Geschlecht wechseln und läuft unter Devra bzw. Devon.
Dev hat es geschafft, einen Job in einer Kaffeebar zu finden, den er sich mit sich selber teilen kann (angeblich sind Devra und Devon Geschwister, die abwechselnd ihre Mutter pflegen). Dabei lernt er (und später sie) Sam kennen und geht mir ihr zum FedCon.
Die Figuren und auch die Geschichte haben mich permanent gefesselt haben und es war unterhaltsam und einfach nett (im Sinne von gut) geschrieben ist. Zwar erweitert es meinen Lesehorizont kaum, aber trotzdem - ich habe es einfach gern gelesen.
Es ist so eine "Die Welt ist schön und alle fühlen sich wohl"-Story mit einer schönen B-Story.
Die Botschaft liegt für mich ein wenig zu sehr auf dem Präsentierteller, aber der Inhalt der Botschaft gefällt mir. Vor allem: es gibt eine. Die Autorin hat etwas zu sagen.
Was ich toll finde: Es ist eben mehr eine Geschichte über Freundschaft als eine über Liebe, auch wenn romantische Liebe im Bereich des Möglichen liegt.
In einigen Details wäre sicher mehr gegangen (die Atmosphäre beim FedCon zum Beispiel) und ein wenig mehr zwischen den Zeilen wäre mir persönlich lieber gewesen. Aber ich werde in einem Jahr vermutlich immer noch wissen, worum es bei dieser Story ging und das kann ich beileibe nicht von allen Kurzgeschichten behaupten, die ich über das Jahr verteilt so lese.
Tosin, Johannes: Codes
Die (übrigens sehr gute) Idee hatte offenbar sein Sohn.
Alles hat Codes - auch Bäume und Blumen und Menschen. Der Protagonist findet das eher zufällig heraus. Für meinen Geschmack werde ich kurz nach dem Anfang ein wenig zu sehr mit Informationen zu dieser Welt überhäuft, die nicht alle für das Verständnis der Geschichte unverzichtbar sind. Wenn man sich dort hindurch liest, wird man aber reich belohnt.
Ärzte und co. sind aber Maschinen und diese handeln streng nach Regeln. Grins. Mag nicht neu sein, taugt aber hier für eine tolle Pointe, als der arme Protagonist wegen einer Darmentzündung eine Darmspiegelung erfährt und jemand dabei seinen Code in seinem Innern entdeckt. Den letzten Absatz hätte ich dann aber nicht mehr gebraucht.
Alles, was man schon immer über Darmspielungen und vorheriger Darmentleerung wissen wollte, kann man hier nachlesen. Immerhin ist es SF, man schluckt also die Kamera, dafür dauert es Stunden. Ich bin nicht sicher, ob ich nicht doch die Methode bevorzuge, die uns heutzutage bekannt ist.
Artikel Sinn-Salabim: Neil Gaimans Bedeutungszauber von David A. Lindsam
Den Artikel möchte ich noch mal speziell erwähnen, weil ich zufällig genau dieselben Bücher und Essays von Gaiman gelesen habe (plus noch ein paar Kurzgeschichten, die in diesem Artikel keine Erwähnung finden) und das Lesen des Artikels sehr genossen habe.
Im Unterschied zu Lindsam habe ich deutlich weniger Probleme mit der Prosa von Gaiman und bin neugierig darauf, in Kürze deutlich mehr von dem Autor zu lesen, alsbald auch mit unserer Tochter.
Dennoch kann ich den Artikel in weiten Teilen nachvollziehen und finde viele Gedanken sehr interessant. Auch ich mag Gaiman irgendwie nicht immer - manchmal frage ich mich auch, warum ich ihn eigentlich immer wieder lese. Vermutlich sind einfach seine Figuren zu lebendig, seine Ideen zu kreativ, so dass ich immer wieder Längen und Abschweifungen verzeihe.
Alle enthaltenen Geschichten
Trautes Heim | Renée Engel
Das Wesen im Pakra-Baum | Pauline Kister
Der Samen der Veränderung | Michael Schmidt
Tausend Stimmen | Rahel Jader
Repeat | Lisa-Katharina Hensel
Die Überlegenheit natürlicher Intelligenz | Kai Focke
Zwischenstation | Nicole Hobusch
Von den Sternen | Katja Rocker
Palmengarten | Sarah Lutter
Codes | Johannes Tosin
Harte Fakten
Titel | Weltenportal Ausgabe 3 |
herausgegeben von | Chris Grimm |
erhältlich | auch kostenlos als PDF |
Erscheinungsjahr | 2022 |
Seitenzahl | 102 |
Anzahl Geschichten | 10 |
Original Twitter Tweet | https://twitter.com/Rezensionsnerd1/status/1516703012965822465 |
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