Inhalt
Da ich hier ein Rezensionsexemplar erhalten habe, muss ich den Beitrag als Werbung kennzeichnen.
Allerdings hat mir die Anthologie so gut gefallen, dass ich mir danach zwei Ausgaben selber gekauft und verschenkt habe.
Als ich die Ausschreibung damals gesehen hatte, fand ich es ja schon originell und war sehr gespannt auf das Ergebnis.
Ich lese ja viele Anthologien und hatte auch schon einige dabei, die herausstachen als Gesamtkonzept wie Diagnose F und Die Fahrt der Steampunk Queen. Diese Sammlung ist etwas besonderes. Es ist sogar die Anthologie in 2021, die mir bisher am besten gefallen hat - und ich habe schon 27 andere SF-Anthologien gelesen.
Bei der Exodus - oder auch bei vielen anderen Anthologien, speziell auch vom Hirnkost-Verlag wie auch "Pandemie", "der grüne Planet" oder "Macht und Wort" werden die Illustrationen stets erstellt, wenn die Geschichte schon vorliegt. Hier war es umgekehrt. Die Bilder lagen vor und rund neunzig Geschichten dazu wurden eingereicht - davon wurden achtzehn für die Anthologie ausgewählt.
Ich merke beim Lesen, dass die Geschichten tatsächlich von den Bildern inspiriert waren. Die stammen nicht aus einer Schublade und wurden ein wenig zurechtgebogen. Das Innere, das Herz der Geschichte, ist das erwählte Bild. Und es hilft natürlich auch, dass der Großteil der ausgewählten Geschichten mir auch tatsächlich zusagt. Besonders schön ist auch der kleine Abschnitt hinter jeder Kurzgeschichte, wie die jeweilige Story entstanden ist. Quasi ein kleines Making-Of.
Wir haben auch einen kleinen Lesezirkel im SF-Forum gemacht und einige Geschichten, die mir persönlich weniger gefallen haben, wurden dort sogar explizit gelobt. Daran merkt man auch die Qualität einer Anthologie - vermutlich wäre es auch verdächtig, wenn mir ALLE Geschichten gefallen hätten. Und - wie unten erwähnt - in einer Rezension aus Österreich wurden auch andere Geschichten favorisiert als jene, die ich hier explizit beschwärme.
Meine persönlichen Highlights dennoch zuerst:
Onkel Nate oder die hohe Kunst, aus dem Fenster zu schauen von Janika Rehak
Die Geschichte habe ich im Abstand von drei Wochen dann sogar zweimal gelesen. Beim zweiten Mal hat sie mir sogar besser gefallen, weil ich Zeit hatte, auf all die Details zu achten und mir nicht mehr so viele Sorgen um den Ausgang machen musste.
Der Ich-Erzähler kümmert sich um seinen wirklich alten Onkel Nate, der siebzig Jahre am und im Meer verbracht hat. Der Protagonist heißt ebenfalls Nate, wird aber von seinem Onkel (und allen anderen) “Junior” genannt. Die beiden verbindet diese besondere Freundschaft, die man zwischen Familienmitgliedern manchmal hat. Das Schöne ist, das steht alles irgendwie zwischen den Zeilen.
Onkel Nate spricht schon seit langer Zeit von Allison, die ihn einst besucht hat und in die er sich verliebt hat. Sie hat ihn “nur mal kurz” verlassen, um ihm ein Ticket in ihre Welt zu besorgen und seitdem wartet Onkel Nate auf sie. Hat nie geheiratet. Lässt sich nicht beirren. Sie wird kommen. Sie kommt zurück.
Auch der jüngere Nate, “Junior”, scheut sich davor, eine Partnerschaft einzugehen, hat aber seit längerer Zeit online Kontakt zu einer Frau, Erin.
Das Ende hat mich komplett überzeugt. Eine tolle Geschichte.
Plus, die Autorin hat es einfach drauf, einmal ums Eck zu zeigen, was sie sagen will durch treffende Details und tolle Ideen. Die kann ich gar nicht alle auflisten, aber ich bin auf alle neidisch und sehr begeistert.
Ein Beispiel:
Cousine Hettie zweifelt laut daran, dass Allison jemals wiederkommen wird, aber Onkel Nate lächelt ihre Zweifel einfach nur weg. Hettie ist kürzlich verlassen worden und ihr Ex ist mit einem Koch durchgebrannt, der tollen New Yorker Cheesecake backt. Die Szene schließt ab mit dem Satz:
“Ich verzieh Hettie, weil Nate es tat. Trotzdem kaufe ich jedes Mal New Yorker Cheesecake, wenn sie zu Besuch kam.”
Beim zweiten Lesen fiel mir auch auf, wie gut die Autorin hier Show don't tell bedient, so, dass ich es beim ersten Mal sogar stellenweise übersehen hatte. Nate "Junior" chattet mit Erin, seiner Online-Flamme, die er noch nie persönlich getroffen hat. Sein Onkel Nate ruft ihn, er tippt "Sorry, wichtiger Anruf".
Wie sollte ich das interpretieren? Als Lüge? Als Ungenauigkeit? Will er Erin nicht genau erklären, warum er aufhören muss zu chatten oder hat es zu eilig? Eigentlich weiß sie ja von Onkel Nate und wie es ihm geht, das hat er ihr alles erklärt, also könnte er auch "Sorry Onkel Nate braucht mich" schreiben.
Solche Stellen finde ich als Leserin sehr interessant, weil sie nicht erklärt werden und ich mir selber ein Bild machen kann.
Auch beim zweiten Lesen entdeckt: Allison, fragt als sie ankommt zunächst "Welches Jahr?"
Sie weiß also, wo sie ist, aber nicht, wann. Entweder ist sie lediglich in der Zeit gereist oder sie ist zwar im Raum gereist, weiß aber genau, wohin.
Hier bleibt eine Menge offen, aber meiner Meinung nach ist der SF-Anteil ausreichend hoch. Ich zitiere:
"Mir erschloss sich nie so richtig, ob Allison aus der Zukunft gekommen war, von einem anderen Stern, mit einem Kometenhagel abgestürzt war oder aus einer Art Cyberversion von Wolfenkuckucksheim stammte."
Diese Details sind für den Plot eigentlich auch nicht wichtig, aber macht Spaß, darüber zu spekulieren und nach Hinweisen zu suchen.
Beim zweiten Lesen ist mir die B-Story auch mehr aufgefallen. Die A-Story ist klar: Onkel Nate wartet auf Allison und will daher dort nicht weg. Selbst als er senil wird, sorgt sein Neffe Nate Junior stellvertretend dafür, dass Onkel Nate das Haus am Strand nicht verlassen muss.
Die B-Story ist aber, dass Nate Junior das als Ausrede benutzt, sein eigenes Leben nicht in die Hand zu nehmen. Er belässt es beim Chat mit Erin und trifft sie nicht, obwohl sie gar nicht so weit entfernt wohnt. Obwohl sein Job nicht läuft, ändert er nichts daran. Erin spricht ihn direkt darauf an und sagt ihm, dass er Angst habe. Er bricht das Gespräch darüber aber recht schnell ab, will sich damit nicht befassen. Es ist natürlich sympathisch, dass er sich um seinen Onkel kümmert und an diesem scheint ihm extrem viel zu liegen, aber er hat eben noch einen unterschwelligen Grund dafür, den er sich nicht eingesteht. Wenn man die B-Story betrachtet, wird der Schluss noch mal extra rund und sehr gelungen, aber das würde jetzt eindeutig zu viel spoilern.
Ein letztes noch, auch wenn das sehr ins Details geht: Das Spiel mit den Namen. Nate Junior lässt sich anfänglich nur Junior nennen, von allen. Verwechselungsgefahr mit Onkel Nate. Aber auch da scheint noch mehr dahinterzustecken, siehe Schluss. Eine tolle Story. Eindeutig Top-10 des Jahres 2021 für mich.
Utopie-27 von Aiki Mira
Der Bruder der Ich-Erzählerin ist mit 26 gestorben. Ich bin rasch involviert, alleine schon wegen des schimmeligen Kuchens neben dem Bett. Das ist das ekelhafteste, das ich von der Autorin je gelesen habe und es unterstreicht, wie es dem erzählenden Ich, Lu, geht.
Aiki hat zu Gaming geforscht und man spürt die Expertise. Der Weltenbau sucht seinesgleichen. Die Sprache ist der Hammer. Der Plot strotzt nur vor SF, klar, die Ideen sind für sich genommen nicht neu, erscheinen hier aber in einem neuen Licht.
Auch diese Geschichte habe ich ein zweites Mal gelesen. Die Protagonistin, Lu, sagt schon auf Seite 1: "Alle anderen sagen Lu zu mir oder einfach die kleine Schwester von Kajin".
Da wir ja schon wissen, dass Kajin tot ist, haut das richtig rein.
In einer rasch darauf folgenden Szene, in der Lu ihren Bruder in Utopie-26 trifft (sein Bewusstsein wurde Jahre vor dem Tod digitalisiert und diese Version von ihm "wohnt" dort), heißt es:
"Ich spüre wieder das Gewicht der VR-Brille, setze sie ab und blinzele. Luft knistert in meinen Ohren. Über mir flackert ein Neonlicht. In letzter Zeit fühlt es sich so an, als würde ich
nicht in einem Wolkenkratzer, sondern in einem alten Computer wohnen."
Bezeichnenderweise arbeitet Lu, die sich fast ununterbrochen mit dem Tod auseinandersetzt, nicht nur wegen ihrem Bruder, sondern auch allgemein in ihren Gedanken, selber in der Todbranche. Sie setzt virtuelle Bestattungsfeiern und Gedenkseiten auf. Hierbei kommt trotz des extrem ernsten Themas sogar Humor durch, wenn dieser auch unter der Last der schimmelnden Kuchen, der Trauer und der düsteren Umgebung fast zerquetscht wird.
In einer Szene wollen Angehörige, das zwei Fotos ihrer verstorbenen Tochter aus dem Netzauftritt entfernt werden. Das geht aber nicht, da diese von der Tochter selber noch verfügt wurden. "Alles, was ich tun kann, ist ein warnendes Pop-Up für die Angehörigen hinzuzufügen: Vorsicht, Lebensfreude"
Wenig später reflektiert Lu, sehr treffend: "Mit der Zeit habe ich gelernt, dass Menschen ein bestimmtes Bild von ihren Toten haben. Mein Job ist es, dieses Bild um jeden Preis aufrecht zu erhalten."
Ebenfalls Humor habe ich hier entdeckt und zwar Humor der Art, der nur in Near-Future-SF zu finden ist:
"Seit dem letzten Regensturm funktioniert die Nasszelle nicht mehr. auch die Toilette nicht. Dem Bot, der jetzt für unser Hochhaus verantwortlich ist, habe ich dazu schon zwei Mails geschrieben. Aber wer weiß, wann er das liest."
Alleine schon das Bild, das ich jetzt habe. Und meine persönlichen Gedanken dazu: Ein Bot kann tausend Sachen zeitgleich. Das ist so genial und vermenschlicht, aber auch wieder nicht, dass ist einfach witzig.
Der Zustand von Lus psychischem Zustand wird in ihrer Wohnung sehr deutlich gespiegelt:
"Ich schreibe Fahri [Anm.: Nachbar und ihr Freund] an. Er will nicht in die Wohnung kommen. Seit zwei Jahren habe ich hier drin nichts mehr angerührt, und er kommt damit nicht klar, mit dem Verfall. Also ziehe ich meine Pyjamahose über und gehe hinaus. Die Hose ist ganz steif von eingetrockneten Soßenflecken. Beim Gehen hinterlasse ich eine Spurt aus braunen und roten Krümeln."
Hier zeigt sich deutlich, dass sich Aiki Mira nicht scheut, Trauer und damit verbundene Probleme zu zeigen. Wir werden nicht geschont. Ich denke, das ist ein Grund, warum Aikis Geschichten mir oft so gut gefallen. Wobei "gefallen" hier möglicherweise nicht ganz das richtige Wort ist.
Dann gibt es so Sätze, die musste ich anmalen, teures Printbuch hin oder her:
"Von allen Seiten zugleich schwappt das Dunkel an mich heran".
Das ist quasi diese Geschichte in a nutshell.
Und auch Nebenfiguren werden durch Details so schnell erlebbar gemacht:
"Beim Hinuntergehen entdecke ich Frau Amodu. Von Geburt an haarlos, trägt sie entweder Seidentücher oder Afroperücken in pastellgrün. Wenn ihre Tochter zu Besuch kommt, mal sie sich Augenbrauen ins Gesicht."
Da habe ich doch schon genügend Informationen über Frau Amodu, um sie in Erinnerung zu behalten.
Gleich gut gelungen ist die Szene, in der Lus Nachbar, Herr Shaikh, sich dann um die Toilette kümmert:
"Herr Shaikh hat die Angewohnheit, beim Betreten der Wohnung seine Schuhe mitsamt den Socken auszuziehen. Die nackten Füße des Mannes sind so grazil, sie erinnern mich an komplexe Skulpturen, die ich vor langer Zeit in einer Ausstellung gesehen habe. Ein sonderbarer Geruch geht von ihnen aus. Eine Mischung aus Heilkräutern, gegorenen Früchten und Vanille. Ich empfinde den Geruch als angenehm und will mich gar nicht mehr fortbewegen."
Dass Lus Bruder natürlich ausgerechnet 26 wurde, ist bezeichnend und hat kulturhistorische Referenzen. Wobei, ich sehe gerade, 27 ist eigentlich die Zahl, dazu passt dann wiederum Utopie-27.
Als Lu gefragt wird, wie alt ihr Bruder wird (die Geschichte spielt an seinem Geburtstag), antwortet sie: "Sechsundzwanzig. Er ist tot, er wird immer sechsundzwanzig sein."
Auch das hat Referenzen zur Popkultur und macht auch mit mir und meinen eigenen Lebens(und Todes-)Erfahrungen etwas.
Dadurch, dass Kajin nicht mehr altert, ist Lu nun älter. Das erscheint ihr nicht richtig.
Lu fasst an einer Stelle ihr Leben zusammen:
"Ich bin siebenundzwanzig Jahre alt, Vollwaise, arbeite für ein Bestattungsunternehmen, stehe kurz davor, gefeuert zu werden und mein Bruder hat wahrscheinlich Selbstmord begangen."
Ich habe noch mehr Stellen angemalt, aber ich kann schwerlich 5% der Geschichte hier zitieren. Sie ist großartig. Eins noch:
"Das Jenseits ist offline."
Diversität: Lu ist asexuell, Fahri ist pan. Es gibt diesen tollen Absatz:
"Trotzdem würde ich natürlich gern in einer funktionierenden Familieneinheit leben. Eigentlich dachte ich immer, das wäre mit Fahri irgendwann möglich. Er ist pan und ziemlich tolerant. Manchmal denke ich: Vielleicht leben wir beiden längst als funktionierende Familie und wissen es bloß nicht."
Hier wird mal schnell mit dem Klischee der asexuellen Person, die angeblich gern alleine lebt, gebrochen. Ganz nebenbei und fast schnoddrig erfahren wir, was Lu sich wünscht und erfahren nebenher noch eine Tonne über das Verhältnis zu Fahri, das auch wichtig für den Plot und auch den Schluss der Geschichte ist. Wenn mir noch einer erzählt, in Kurzgeschichten gäbe es keinen Platz, seine Figuren zu charakterisieren, dem zeige ich diesen Absatz.
Das Licht von Uwe Neuhold
Die Art und Weise zu erzählen mag ich zwar nicht so - eher narrativ statt szenisch. Doch Plot, Ideen und vor allem der perfekte Schluss haben mich voll überzeugt. Es gibt quasi eine Doppel-Pointe.
Ich habe auch drei Sätze, bevor ein wichtiger Zusammenhang aufgelöst wurde, das Ende erahnt und es war dieses tolle Gefühl, dass man als Leser:in manchmal haben darf. Zum perfekten Zeitpunkt. Richtig richtig gut. Super Idee. Plus, ich stehe auf Zeitreisegeschichten. Da haben Idee und Leserin sehr gut zusammengepasst.
Unser stilles Dorf von Isabell Hemmrich
Die Erzählweise ist hier eher ruhig, und rückblickend. So wie es erzählt wird, entfernt mich das ein wenig vom Geschehen. Ich nehme an, dass das gewollt ist, denn der Inhalt der Geschichte ist ziemlich heftig. Eine sehr plastisch geschilderte Vergewaltigung auf einem öffentlichen Platz durch einen Metzger, gefolgt von der Hinrichtung des Täters - quasi noch währenddessen - und dann der Tod der Schwester, der die Ich-Erzählerin traumatisiert hat. Das alles in einem trostlosen, völlig verstrahlten Setting. Nach und nach fügen sich all die Schrecklichkeiten und die Tragik zusammen, zwar gepaart mit Hoffnung und Wiedererwachen, was aber gedämpft wird durch die Trauer der Ich-Erzählerin.
Auch wenn die Geschichte nicht in dem Stil ist, den ich normalerweise gern lese, genieße ich doch vor allem die Sprache sehr.
Ein Beispiel:
“Sie [die Haare] alle lösten sich büschelweise aus ihrer Verankerung, flohen wie ein Rudel verängstigter Ratten von diesem dem Untergang geweihten Wrack eines Körpers und hinterließen kranke, schutzlose Haut, die auf dem Kopf ein paar Nuancen heller war.”
Sterben und sterben lassen auf einem einstmals blauen Planeten von Christian Endres
Die Story ist pointiert und sehr klar. Die Inspiration von dem Bild ist gut ersichtlich. In letzter Zeit habe ich einige Geschichten gelesen, in denen der Tod personifiziert wird, diese hier gehört zu den gelungenen. Der Schluss ist durchaus heftig, aber ich sehe ein, dass es notwendig ist, er ist quasi zwingend und nicht nur Effekt aus. Wurde gut vorbereitet.
Die Verwandlung von Hans Jürgen Kugler
Hier verwandelt sich jemand in einen Dinosaurier bzw. wacht auf und stellt fest, dass er sich verwandelt hat.
Der SF-Anteil ist sehr niedrig- ja, der Protagonist war im Weltraum unterwegs und ist nun offenbar ein Außerirdischer in einer fremden Welt, für mich liest sich das aber trotzdem ein wenig wie Fantasy.
Einige Gedanken und Gefühle bleiben gut im Gedächtnis und insgesamt ist die Story sehr schön rund.
Arabesque von Tessa Maelle
Das ist Steampunk! Yeah! Ich fand die Szene am Ende extrem gut geschrieben. Plus, die Story hat eine versteckte Ebene und transportiert einen philosophischen Gedanken, den ich mag: Was steckt wirklich in uns? Was steckt dahinter?
Stille Post von Heidrun Jänchen
Das ist solide, gute SF, gut geschrieben, gute Figuren. Klar, es gibt mehrere Zeitebenen - die Geschichte lässt sich nicht anders erzählen - und der wissenschaftliche Aspekt mit den Schmetterlingen ist toll. Anfänglich habe ich doch gemerkt, wie nah es vom Thema an der vorletzten Hirnkost-Anthologie war ("Der Grüne Planet"). Die Story ändert in der Mitte ein wenig die Geschmacksrichtung. Ich denke, man merkt, dass es lange unvollendet in der Schublade lag. Hätte es am Ende einen Twist gegeben und in der Mitte einen weniger starken Bruch, hätte es mir noch besser gefallen.
Bei "Der Erleger" von Marco Rauch ist mir ein wenig übel geworden. Wenn man aber Harlan Ellisons "Die Stadt am Rande der Welt" gelesen hat, wirkt seine Geschichte rückblickend doch eher harmlos. Und interessanterweise hat jemand im Lesezirkel ausgerechnet diese Story für die Beste des Bandes erklärt und ich fand die Hintergründe dazu sogar einleuchtend. Eigentlich müsste ich sie nochmal lesen, da ich beim ersten Mal sicher einiges verpasst habe, aber dafür muss ich noch etwas mehr Zeit vergehen lassen und so lange wollte ich mit der Rezension nicht warten.
Alle enthaltenen Geschichten
Niehaus, Monika - Bermudabohrturm
Rehak, Janika - Onkel Nolte oder die hohe Kunst, aus dem Fenster zu schauen
Diemrich, Robert - Das Wiedersehen
Neuhold, Uwe - Das Licht
Hemmrich, Isabell - Unser stilles Dorf
Endres, Christian - Sterben und sterben lassen auf einem einstmals blauen Planeten
Kugler, Hans Jürgen - Die Verwandlung
Rauch, Marco - Der Erleger
Wiesner, Nils - Ich kann nur sehen, was ich glaube
Stößer, Achim - Bethlehem
Schorm, Rainer - Hirnwald
Tinnefeld, Michael - Upgrade Yourself
Maelle, Tessa - Arabesque
Hernandez, Vlad - Glühwürmchen
Leroch, Karin - Ganymed
Jänchen, Heidrun - Stille Post
Rezeption
In Österreich war man viel schneller als ich, da gibt es bereits eine sehr ausführliche Rezension. Fast schon witzig finde ich, dass die Rezension ganz andere Texte hervorhebt als ich, jedenfalls größtenteils. Nun, das ist ja nur fair, wer dort ausgelassen wurde, findet dann hier Erwähnung und umgekehrt.
Auf dem YouTube Kanal der Hirnkost KG gibt es außerdem Kurzlesungen.
Harte Fakten
Titel | Am Anfang war das Bild |
herausgegeben von | Aiki Mira, Uli Bendick, Mario Franke |
Verlag | Hirnkost |
Rezensionsexemplar | ja, danke dafür |
Erscheinungsjahr | 2021 |
Seitenzahl | 300 |
Anzahl Geschichten | 18 |
Original Twitter Tweet | https://twitter.com/Rezensionsnerd1/status/1471796833726967809 |
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