Inhalt
Ich habe ein Rezensionsexemplar erhalten und muss daher diesen Beitrag als Werbung kennzeichnen. In der Buchbesprechung habe ich natürlich meine ehrliche Meinung widergegeben - das merkt man sicherlich auch.
Paksha aus "Save City" ist in Europa gestrandet - bei einem Mann, von dem sie offenbar nichts wissen will. Doch dieser Mann, Sunny, wird alsbald getötet und sie lernt Veeru kennen, die offenbar ein Geheimnis umgibt.
Das nächste Kapitel spielt dann in Indien/Delhi und wird in der Ich-Perspektive von Marti geschildert. Marti hält sich für einen Außerirdischen, kann mit einem Hund, Ray, sprechen und möchte sein Raumschiff reparieren. Um die Ersatzteile besorgen zu können, jobbt er und liefert Nahrung aus.
Obwohl die Perspektive von Marti ziemlich abgefahren ist, hat er mich sofort auf seiner Seite, während die anderen Kapitel mit Paksha, Veeru und co. dafür sehr lange brauchen - vielleicht, weil der Cast auf dieser Seite der Welt sehr groß ist? Es könnte auch daran liegen, dass die Kapitel mit Marti deutlich mehr Humor haben.
Die Welt steht hier auf dem Kopf. Indien hat Europa kolonisiert. In Indien ist es zu heiß, da wächst nichts, Reis wird jetzt in Europa angebaut. Alles dreht sich um Nahrung. Bienen waren ausgestorben, Ersatz wurde genetisch entwickelt, doch leider sind die Stiche dieser Z.O.M.Bees tödlich - nur Veeru hat merkwürdigerweise offenbar den Stich überlebt.
Lob und Kritik
Der Weltenbau ist gelungen und wird auch gut vermittelt, genauso wie es sein muss, mittels der Handlung.
Der Wechsel zwischen Indien und Deutschland war für mich schwierig. Ich hatte das Gefühl, zwei unterschiedliche Romane zu lesen, die überhaupt nichts miteinander zu tun haben - bis sich das gegen Seite dreihundert dann endlich aufklärte. Die Handlung in Indien hat mich auch weit mehr gefesselt als die in Deutschland. Es waren einfach zu viele Figuren und Veeru, eine der zentralen Figuren, hat mich nicht so gefesselt, wie es sicherlich beabsichtigt gewesen war.
Die Idee mit den Bienen und wie sie ersetzt wurden - und mit welchen Folgen - fand ich sehr gut.
Sprachlich und stilistisch ist der Roman außergewöhnlich gut. Die Autorin schreibt routiniert und bildgewaltig. Einige Szenen bleiben deutlich in Erinnerung. Die Dialoge sind überzeugend. Außerdem ist alles szenisch. Die Sprache ist gut. Sprüche wie "Weiß Google" sind originell in die Zukunft gedacht. Ich finde sowieso, dass alle Aspekte sehr gut in die Zukunft extrapoliert worden sind. Da steckt einiges an Überlegung und sorgfältiger Recherche dahinter, das kann ich nur bewundern.
Fazit
Witzig, unter dem Klappentext wird mir der Roman empfohlen, wenn ich Zoe Beck, Andreas Eschbach, Tom Hillenbrandt, Theresa Hannig und Andreas Brandhorst gern lese. Bis auf Brandhorst habe ich die alle gern gelesen. Teilweise sogar sehr gern.
Dieser Roman ist auch durchaus spannend. Vielleicht passiert für meinen Geschmack sogar etwas zu viel. So hat für mich lediglich der Charakter Marti wirklich die Zeit und Ruhe, ein wenig in die Tiefe zu gehen. Viele der Figuren - vor allem der Nebenfiguren neben Marti, Veeru und Pashka - bleiben mir fremd. Dass einige von ihnen während des Romans den Tod finden, hätte mich mehr treffen sollen.
Ich werde ihren nächsten Roman lesen, sofern das Thema mich interessiert.
Hintergrund und Autorin: Lisa-Marie Reuter
Manchmal hat man Glück. Zufällig erschien vor einige Tagen das Science Fiction Jahr 2021 und dort ist ein Interview mit Lisa-Marie Reuter abgedruckt, das noch einige interessante Hintergrundinformationen liefert.
Dort erfahre ich, dass sie die koloniale Situation absichtlich umgedreht hat, damit wir als Leser:innen diese mit frischen Augen betrachten und hoffentlich auch hinterfragen können.
Angenehm ist, wie gut sie sich in Indien auskennt, da sie seit 2009 sehr oft dort gewesen ist. In Delhi kennt sie sich sehr gut aus, die Recherche zum Roman war umfassend. Das spürt man auch, finde ich. Die Autorin spricht auch Hindi und hat Indologie/Südasienkunde studiert.
Auch die Entstehungsgeschichte des Romans ist interessant, denn die Autorin hatte zunächst einen Kurzgeschichtenwettbewerb bei Fischer Tor gewonnen und wurde dann gefragt, ob sie einen Roman mit einem ähnlichen Setting verfassen würde.
Rezeption
Judith von Literopia hat ihre Rezension schon veröffentlicht. Ich wandle mal wieder in ihren Fußstapfen.
Diversität
Die Menschen kommen von überallher. Was die Herkunft betrifft, könnte der Roman kaum diverser sein.
Bis auf Marti besteht der Cast auch fast nur aus Frauen - und einem Hund (Ray).
Harte Fakten
Titel | Exit this City |
geschrieben von | Lisa-Marie Reuter |
Verlag | Fischer Tor |
Rezensionsexemplar | ja, vielen Dank dafür |
Erscheinungsjahr | 2021 |
Seitenzahl | 432 |
Original Twitter Tweet | https://twitter.com/Rezensionsnerd1/status/1445980041041653760 |
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