Inhalt
Das Rätsel ist interessant: Warum verlieren alle Geräte (Voyager und co.) den Kontakt zur Erde an genau derselben Stelle außerhalb des Sonnensystems?
Was ist dort?
Auch hinsichtlich des Titels ist das spannend.
Und selbstverständlich wird es unglaublich interessant, als die Protagonist:innen mit einem Raumschiff dorthin aufbrechen und dem Geheimnis an Ort und Stelle auf den Grund gehen. Yeah!
Die beiden Hauptfiguren, Ed und David, sind mir sympathisch und werden das auch angenehm früh. Ed ist eher so der Macher, hat viel Erfahrung als Astronaut, hart an der Grenzen zum Heldentum in einer Szene ziemlich zu Beginn. Er fürchtet, dass er keinen Auftrag im Weltraum mehr erhalten wird, da er mittlerweile sechzig Jahre alt ist. Dabei würde er sehr gern wieder im All unterwegs sein.
David ist ein totaler Wissenschaftsnerd, der sich übergeben muss, wenn er in der Schwerelosigkeit trainiert und mit dem ich mich sehr gut identifizieren kann. Das könnte ich sein! David träumt von einer Reise ins All, ist aber dafür anfänglich kein Stück ausgebildet.
Es geht sehr, sehr lange um die Vorgeschichte und die Vorbereitung und die Geschichte geht erst in den letzten neunzig Minuten (erstaunlich) rund. Vermutlich hätte man daraus auch eine kleine Novelle machen können.
Ich fand aber die gut recherchierten Darstellungen über die Vorbereitungen interessant zu hören.
Die Heftigkeit des Showdowns steht in keinem Verhältnis zu den eher normalen Konflikten zu Beginn: Scheidung, Streitigkeiten in der Crew, politische Intrigen zur Crew-Besetzung. Daher bin ich als Leserin überrascht, wie das Rätsel gelöst wird. Außerdem kommt es mir nicht so vor, als hätte er ursprünglich einen zweiten Teil geplant.
Der Roman ist also irgendwie nicht ganz rund für mich. Der Rahmen passt nicht so ganz. Bei den meisten Romanen, die ich sonst so lese, baut sich der Plot ein wenig geschickter und folgerichtiger auf. Normalerweise plätschert es nicht auf den ersten achtzig Metern angenehm und auch interessant vor sich hin und geht dann die letzten zwanzig Meter völlig ab. Das ist ein bisschen, als würde man auf einem Hundert-Meter-Lauf die letzten zwanzig Meter plötzlich fliegen, und zwar in großer Höhe.
Wenn man sich aber darauf einlässt (und vielleicht sogar vorgewarnt ist), kann man das Hörbuch sehr genießen. Es ist absolut geeignet, um ein wenig vom Alltag abzuschalten. Die Details zu Raumfahrt und zur Ausbildung sind absolut glaubhaft.
Die Figuren sind sympathisch, wenn auch nicht sonderlich originell. Das sind keine von dem Kaliber, die einem jahrelang oder jahrzehntelang im Kopf bleiben, aber sie reichen, um sie ein paar Stunden lang mit Interesse und Anteilnahme zu verfolgen.
Übrigens hat Ralf damals eine Rezension verfasst, die auch auf den Hintergrund des Romans eingeht (zunächst SP, dann Kindle Award etc.), was sehr interessant zu lesen ist.
Sprache und Stil
Sprachlich hätte der Roman noch viel Luft nach oben. Die vielen Sprachphrasen nerven mich etwas. Hätte da nicht ein:e Lektor:in eingreifen können? Teilweise kommen zwei in einem Satz!
Außerdem bin ich der Meinung, dass die Adverbien "ironisch" und "sarkastisch" an mehreren Stellen verkehrt verwendet worden sind.
In einer der vielen 1-Sterne-Rezensionen habe ich außerdem gelesen, dass Daniel oft als "Papiertiger" bezeichnet wird, der Begriff wird hier nicht korrekt verwendet. Stimmt.
Von der Erzählweise ist es hingegen sehr professionell: szenisch und ohne Infodump. Was an technischem und wissenschaftlichen Know-How an mich als Leserin muss, wird mit Besuchen in wissenschaftlichen Einrichtungen und in Dialogen erledigt.
Meine Zukunft mit diesem Autor
Zum Glück ist das zwar eine Trilogie, aber die ist für mich abgeschlossen. Ich habe schon geschaut, worum es bei Teil 2 geht und das muss jetzt nicht unbedingt sein. Jedenfalls nicht sofort. Falls mir die Hörbücher ausgehen, überlege ich neu.
Zurzeit ist das aber nicht zu befürchten.
Gerade höre ich den neuen King (Billy Summers), danach kommt endlich der "Astronaut" von Weir, der hoffentlich im September-Lesezirkel des Scifinets dran sein wird).
Sofern ich demnächst auch (wieder) auf Englisch höre, geht mir der Lesestoff bei Audible sicher nicht aus.
Diversität
Die beiden Hauptfiguren sind Männer. Es sind auch zwei Frauen mit an Bord und die sind auch OK. Eine davon ist lesbisch und die andere kann keine Kinder bekommen. Beides ist jetzt nicht unbedingt super-einfühlsam oder gut beobachtet beschrieben und hätte daher vielleicht auch nicht sein müssen. Ich begrüße aber, dass die Hälfte der Crew aus Frauen besteht.
Die Figur Ed ist keinesfalls politisch korrekt und ab und zu greift das ein bisschen daneben. Es ist jedenfalls nicht so gut gelungen wie in der Serie "Cobra Kai", in der die Hauptfigur Johnny das Konzept des "nichtbinär"-Seins während eines Telefonats nicht versteht.
Daniel wird schon sehr als typischer Nerd dargestellt, wobei er mir aber sympathisch ist. Sein Kollege zu Beginn des Romans ist zudem auch noch fettleibig, was das Klischee wohl etwas überspannt.
Ich habe zwar nicht das Gefühl, dass die Frauen hier nur Beiwerk sind, auch wenn Davids Mutter ein wenig zu "mütterlich" und uninformiert dargestellt wird und außerdem im Showdown ausgerechnet eine der Frauen (natürlich die heterosexuelle) die ganze Zeit heult.
Fazit: Vielleicht ist das mit der Darstellung noch nicht so ganz gelungen, aber er hat es immerhin versucht.
Harte Fakten
Titel | Am Abgrund der Ewigkeit: Paradox-Trilogie Teil 1 |
geschrieben von | Philip P. Peterson |
Erscheinungsjahr | 2015 |
Seitenzahl | 451 |
Länge Hörbuch | 12 Std. 37 |
eingesprochen von | Heiko Grauel |
Original Twitter Tweet | https://twitter.com/Rezensionsnerd1/status/1427888765545197568 |
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