Inhalt
Am besten fasst dieser Satz, den ich in einer Rezension gelesen habe, die Handlung zusammen:
It’s about alien contact alright, but without the aliens.
Ja, die Außerirdischen sind auf (oder über der) der Erde gewesen. Und haben an sechs unterschiedlichen Stellen ihren Abfall hinterlassen - der zum Teil nicht mehr funktionstüchtig ist, oder zumindest wissen die Menschen nicht, wie es funktioniert.
Die Romanhandlung fokussiert auf eine dieser Stellen, die Gegend in der Nähe dieser "Zone". Die Zone ist eigentlich streng abgesperrt, doch es gibt Schatzjäger (im Original "Stalker", was wohl auch deutlich besser passt), die in die Zone eindringen, Schätze mitnehmen (in dieser Übersetzung "Ramsch", auch nicht sehr passend) und auf dem Schwarzmarkt verkaufen. Ein Besuch der Zone ist aber alles andere als ungefährlich, im Laufe des Romans verliert so mancher seine Beine. Oder sein Leben.
Anders als in vielen anderen SF-Stories oder Romanen wird mir der Protagonist "Red" hier sehr sympathisch. Er hat ein Leben neben seinem Nebenjob als Stalker; eine Frau und eine Tochter, das "Äffchen". Allerdings hat das Leben neben der Zone auch für die Kinder Auswirkungen.
Der Roman ist in vier Teile unterteilt, der erste Teil ist aus der Ich-Perspektive von Red und hat mir inhaltlich aufgrund der vielen Andeutungen und der Subtilität am besten gefallen (die Übersetzung in die Umgangssprache der Siebziger ist allerdings grausig, siehe unten). Auch in den anderen drei Teilen spielt Red eine Rolle, wobei aber vor allem in Teil drei andere Figuren zu Wort kommen. Die anderen drei Teile sind alle personal in der dritten Person erzählt, ob aus Reds Sicht oder aus der Sicht einer anderen Figur. Im letzten Teil geht es um die Jagd nach einer Kugel, die Wünsche erfüllen kann. Da bin ich nicht mehr so ganz mitgegangen, aber vielleicht leuchtet mir dieser Teil ja beim zweiten Lesen (das ich definitiv plane, siehe unten), ein. Der Film Stalker beruht übrigens mehr auf diesem vierten Teil, allerdings kenne ich den Film nicht.
Im Nachwort von Lem bemüht sich der polnische Autor sehr um eine Interpretation des Texts, einige Ideen fand ich sehr anschaulich. So führt Lem an, dass ja nur ein Prozent der Erde mit einer Stadt bedeckt sei - warum sei dann ausgerechnet dort der Müll gelandet? War es Absicht? Wieso ist es nicht irgendwo im Wald, oder, noch wahrscheinlicher, im Meer gelandet? (Andererseits, so denke ich, wenn es schon Absicht war, warum dann nicht gleich Tokyo, Moskau oder New York, dann hätten sie eine viel größere Menschenmenge als Versuchsgruppe gehabt.)
Lem erwägt aber auch die Möglichkeit, dass die Außerirdischen havariert sind und ihr Zeug dabei verloren haben und zumindest dafür gesorgt haben, dass es in abgesteckten Gebieten verblieb.
Man merkt schon: Viel bleibt im Dunkeln.
Es wäre interessant, jetzt noch "Auslöschung" von VanderMeer hinterher zu schieben, das ein ähnliches Thema behandelt.
Nachdem ich kürzlich mit "Der Samstag fängt am Montag an" pausieren musste, weil ich nicht wirklich verstand, worum es da gehen soll, habe ich es mit diesem Roman versucht - und war froh, dass ich recht schnell hineinkam.
Übersetzung
Die Übersetzerin hat auch einige andere Werke der Strugatzkis übersetzt. Das Irritierende ist wohl hauptsächlich, dass es in der damals üblichen Umgangssprache geschrieben ist, vor allem das erste Kapitel (Ich-Perspektive).
"Dez" für Kopf (bekannt, aber altmodisch und auch eigentlich keine Schriftsprache, oder?).
Das erste Kapitel, das in der Ich-Person geschrieben ist, nutzt Apostrophe inflationär und sieht daher sogar von Weitem irgendwie seltsam aus.
Später im Text liest sich die Übersetzung besser, bis auf einige Einzelfallentscheidungen, die seltsam anmuten, wie "Bloody Mary" als "Blutige Marie".
Ende des Jahres kommt eine neue Übersetzung. Auf diese zu warten lohnt sich wahrscheinlich. Oder man liest die englische Übersetzung. Auch wenn es mir seltsam vorkommt, etwas ursprünglich russisches als Deutsche auf Englisch zu lesen. Das gibt es auch als ziemlich cooles Hörbuch - ich bin versucht, gleich loszulegen. Die Sprache war nämlich in der deutschen Übersetzung alles andere als "foul-mouthed" und die Dialoge klangen größtenteils nicht.
Ich habe eine Rezension gefunden von jemandem, der russisch spricht und das Original kennt - der war noch viel unzufriedener mit der Übersetzung. Der gesamte Humor sei verlorengegangen. Das Original hat also Humor? Ich werde dann wohl doch die nächste Übersetzung lesen. Es schadet mir eh nicht, die Romanhandlung liegt nicht gerade auf der Hand.
Harte Fakten
Titel | Picknick am Wegesrand |
geschrieben von | Boris und Arkadi Strugatzki |
übersetzt von | Aljonna Möckel (1976) |
Erscheinungsjahr | 1972 |
Seitenzahl | 190 |
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