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The Wind Through the Keyhole: A Dark Tower Novel. By Stephen King

Inhalt

Es ist gut, dass dieser zwischen Teil 4 und 5 der Dark-Tower-Reihe eingefügte Teil nachträglich erschienen ist. Wäre er damals als offizieller Teil 5 der Reihe erschienen, ich wäre vermutlich raus gewesen - und die Dark-Tower-Reihe ist trotz all der extrem guten Romane, die ich vor allem seit dem Sommer 2020 gelesen habe, noch immer mein Lieblingsbuch.

 

Es ist auch irgendwie klar, dass dieser Teil für die Geschichte nicht notwendig ist.

Er fügt nichts hinzu, die Geschichte ist schließlich längst vollendet. Daher lag sie auch wohl so unsäglich lange auf meinem SuB. Genau genommen hatte ich das Buch gekauft und ungelesen (oder nur hineingelesen) wieder verkauft und besitze es längst nicht mehr. Doch bei Audible gekaufte Hörbücher lassen sich nicht weiterverkaufen, daher besitze ich das in 2012 gekaufte Hörbuch auch 2021 noch und habe es mal hineingeschoben mit dem Gedanken "Wieso nicht?", schließlich muss ich von (mittlerweile nur noch) 22 ungehörten Hörbüchern bei Audible auch mal stark runterkommen.

 

Diesmal habe ich auch durchgehalten. Ungefähr die erste Stunde kam mir sehr bekannt vor, aber irgendwann um den Dreh muss ich damals aufgegeben haben. Verständlich. 

 

Die Wiedersehensfreude mit Eddie, Susannah, Jake, Roland und Oy wird rasch gemindert. Sie geraten an einen sympathischen Fremden, der sie vor Andys berühmten Horoskopen warnt (schöner Insiderwitz für alle, die Band 5 Wolfsmond kennen), flüchten vor einem heftigen Sturm und schon beginnt Roland eine Geschichte von früher zu erzählen.

 

Diese Geschichte hat ihren Reiz. Wir kehren in Rolands Jugend zurück, damals in Gilead, kurz nach den Ereignissen in Mejis, die in Teil 4 erzählt wurden. Roland wird gemeinsam mit Jamie an einen Ort geschickt, an dem ein Gestaltenwandler, ein "Fellmann", Leute mordet. Das Reizvolle an dieser Geschichte ist, dass Roland in der Ich-Person erzählt, rückblickend, in der Vergangenheit. Wir haben also den erwachsenen, eher schon recht alten Revolvermann, der auf seine Jugend zurückblickt und sich selbst kritisch und wohlwollend beachtet, hin und wieder erklärend eingreift, aber nie so sehr, dass es die Action in der Szene zu sehr stoppt - dazu ist King ein zu versierter Erzähler.

Das Abenteuer (eigentlich eher kein kleiner Kriminalfall) ist auch gar nicht übel, vor allem die Dynamik zwischen Roland und dem Sohn eines kürzlich von dem Gestaltenwandler ermordeten Opfer, Billy, funktioniert sehr gut und überzeugt. Nun besteht aber ein Gutteil dieser Erzählung nicht aus den Erlebnissen Rolands, sondern aus der Geschichte "A wind through the keyhole", die Roland ebenjenem Billy erzählt.

Und diese Story um Tim und seine Erlebnisse in ferner Zeit (als es aber immerhin schon Revolvermänner gab), interessiert mich sehr lange einfach nicht. Ich werde sowieso mit diesen leicht phantastischen Western in Rolands Vergangenheit nicht allzu leicht warm, kenne aber ja Roland (und seine bereits erzählte) Geschichte inzwischen nach mehrmaligem Lesen des Dunklen Turms in den vergangenen knapp zwanzig Jahren gut genug, dass ich sie normalerweise genießen kann (und auch auswendig kann).

Doch Tim kenne ich nicht und seine Story trägt für mich in den ersten Stunden nichts zum Verständnis der Welt bei. Sie hat ihre Momente - doch die Geschichte innerhalb der Geschichte braucht zu lange, bis sie etwas interessantes für mich bietet. Dann allerdings fügt sie ein paar Details zu Rolands Welt hinzu, über Randall Flagg / Marten Broadcloak und Merlin hinzu, die nicht uninteressant sind. Ich hatte von der Pointe mehr erwartet. Die Bedeutung von Tim war dann doch irgendwie nicht so groß, wie ich sie eingeschätzt hätte.

 

Die Rückblicke in Teil 1 waren schon nicht unbedingt mein Highlight der Serie - ebensowenig wie große Teile von Band 4, die in Rolands Vergangenheit in Mejis spielen. Doch jene Geschichten haben einen interessanten Plot und einiges davon hat mich sehr gefesselt, vor allem nach mehrmaligem Lesen. Es hilft nicht, dass auch dieser Teil fast nur in dieser alten Western-Welt spielt. Und natürlich lese ich ihn auch zum ersten Mal (bis auf vielleicht die erste Stunde).

 

Positiv ist hervorzuheben, dass ich die Geschichte im englischen Original gehört habe (zwischen 2005 und 2020 habe ich möglichst alles englischsprachige auch auf Englisch gekauft, gehört und gelesen), was insofern praktisch ist, weil die altmodischen Pronomen "thee/thou/thy" genutzt werden. Mit Schaudern denke ich daran, wie das in Teil 4 Glas übersetzt wurde (3. Person Singular).

 

Außerdem liest King die Geschichte selbst - wie damals auch "The Stand" in der Version, die ich mir mal angeschafft hatte. Ich mag Kings Stimme und habe sie auch sofort glücklich erkannt, schon beim Intro. So habe ich auch (endlich) bemerkt, dass ich Rolands Nachnamen Deschain die ganze Zeit in meinem Kopf falsch ausgesprochen habe (De-Schain statt Des-Chain). Dabei habe ich das Hörbuch von Teil 6 auf Englisch, da muss doch auch mal Rolands Nachname vorgekommen sein? Vermutlich hat der Sprecher es ebenfalls falsch gelesen, da muss erst King selber kommen und es uns vormachen.

 

Es war in Ordnung, die Geschichte endlich zu hören. Ich fühle mich nun vollständiger.  Das fühlte sich schon seit Jahren nach einer unerledigten Sache an.

Aber wer es weglässt, hat auch nicht unbedingt etwas verpasst. Ich schätze King sehr und werde wohl weiterhin fast jedes neue Buch sofort kaufen und lesen oder hören, er verwandelt auch fast jede Vorlage. Gelegentlich rollt der Ball dann aber doch etwas lahm ins Tor.

 

Auf die Gefahr hin, dass ich etwas verpasst habe, habe ich mal im Kingwiki nachgeschlagen - schaut aber so aus, als sei es wirklich einfach das, was draufsteht: Eine Dark Tower Novelle.

Harte Fakten

Titel The Wind Through the Keyhole: A Dark Tower Novel 
geschrieben von Stephen King 
Erscheinungsjahr 2012 
Seitenzahl 347 
Länge Hörbuch 10 Std. 26 
eingesprochen von Stephen King 
Original Twitter Tweet https://twitter.com/Rezensionsnerd1/status/1425735207768973312 

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