Inhalt
Der sympathische Ich-Erzähler bleibt namenlos. Nur zu Beginn und ganz am Ende der Erzählung ist er bereits erwachsen. Er erzählt rückblickend was ihm geschehen ist, als er sieben Jahre alt war. Anfänglich ist es daher eher erzählt, nicht sehr szenisch, was sich aber zum Glück rasch ändert.
Die phantastischen Elemente werden gut eingeführt. Nicht unüblich für Gaimans Prosa ist die Hauptfigur ein Mensch, der fest in der normalen, uns bekannten Welt steckt und dann allmählich Kontakt zu einer anderen Welt oder Dimension bekommt und wir entdecken das Phantastische dann gemeinsam mit ihm.
Nachdem er eine enttäuschende Geburtstagsfeier erlebt (kein Gast erscheint), sein geliebtes Kätzchen überfahren wird, und ein Opalschürfer sich im Auto seines Vaters selbst tötet, lernt er Lettie Hempstock, ihre Mutter und ihre Oma auf ihrem Hof kennen. Lettie weiht ihn in das Geheimnis des Ozean am Ende der Straße ein, denn der Ich-Erzähler bisher immer für einen Teich gehalten hatte. Lettie und ihre beiden Familienmitglieder wissen erstaunlich viel, scheinen schon sehr lange dort zu leben und von woanders her gekommen zu sein, wenn auch vor langer Zeit.
Durch ein Ungeschick des Ich-Erzählers dringt ein fremdes Wesen in seine Welt ein und stört sein Leben ganz gewaltig, bringt ihn in Gefahr und lässt ihm Dinge zustoßen, die nicht leicht zu lesen sind. Nur mit Letties Hilfe könnte er dieses Wesen wieder loswerden. Doch wie soll er zu Lettie gelangen? Das Wesen hat sich die Maske einer wunderschönen Frau aufgesetzt und arbeitet bei ihm zu Hause als Haushälterin. Seine Eltern (vor allem den Vater) und seine jüngere Schwester hat sie schon erfolgreich umgarnt. Der Erzähler darf das Grundstück nicht mehr verlassen, ansonsten geschehen ihm schlimme Dinge, so droht sie. Sein gefährliches Abenteuer geht so richtig los, als er es doch wagt, das Haus zu verlassen.
Einige gute, treffende Gedanken, wie, dass es keine Erwachsenen gäbe und wir im Innern alle Kinder seien. Oder dass man mehr Angst vor dem Unbekannten als vor einem gut sichtbaren Monster haben.
Der Plot insgesamt ist eher für Kinder, aber einzelne Szenen sind gar nicht für Kinder geeignet (siehe unten). Dadurch ist die Zielgruppe dieses Romans etwas seltsam. Jung gebliebene Erwachsene oder kindlich gebliebene Jugendliche?
Eignung für Kinder
Ich hatte die schwache Hoffnung, dass das Buch vielleicht schon etwas für unsere fast sechsjährige Leseratte sein könnte. Es gibt neuerdings eine sehr schöne Ausgabe mit Illustrationen, von der ich eine schöne Rezension gelesen hatte.
Meiner Meinung nach ist das aber eher etwas für ältere Kinder, vermutlich nicht vor zwölf (je nach Kind). Zunächst stirbt eine Katze, ein Mann begeht Selbstmord, es gibt eine wirklich eklige Stelle mit einem Wurm im Fuß, aber das wirklich entscheidende ist die Gewalt, die hier in seiner Szene vom Vater des Kindes ausgeht. Zur Strafe wird der Sohn unter Wasser in der Badewanne getaucht. Es wird auch recht drastisch geschildert. Der Sprache merkt man auch an, dass das Buch keineswegs für Kinder gedacht ist, es wird auch angegeben, es sei ab 14.
Ein bisschen seltsam ist daher, dass der Protagonist die meiste Zeit über erst sieben ist, eigentlich ist ja bei Jugendbüchern die Hauptfigur immer etwas älter als die Zielgruppe.
Der Plot taugt aber durchaus für jüngere Kinder, wenn man ihn etwas entschärft. Ich habe den Tod ausgelassen, aus dem Wurm ein Insekt gemacht, dass sich nur in der Kleidung des Jungen versteckt, die böse Badewannen-Szene so geändert, dass der Vater den Sohn nur nass spritzt und noch ein paar andere Dinge kindgerechter verpackt. So ist es dann für unsere Tochter spannend, verarbeitbar und genau richtig gruselig gewesen.
Ich selber bin für die Geschichte etwas zu alt, habe aber trotzdem ausreichend viele Szenen genossen und dadurch, dass ich abends für begeisterte Kinderaugen nacherzählen durfte, was ich tagsüber gehört hatte, wurde es dann auch für mich zu einem sehr schönen Erlebnis. Zukünftig achte ich aber wohl darauf, von Gaiman eher Bücher für Erwachsene zu lesen, die haben mir insgesamt besser gefallen bisher.
Harte Fakten
Titel | Der Ozean am Ende der Straße |
geschrieben von | Neil Gaiman |
übersetzt von | Hannes Riffel |
Erscheinungsjahr | 2013 |
Seitenzahl | 320 |
Länge Hörbuch | 5 Std. 33 |
eingesprochen von | Hannes Jaenicke |
Original Twitter Tweet | https://twitter.com/Rezensionsnerd1/status/1403605510679678980 |
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