· 

Das Alien tanzt Walzer - SF Anthologie

Inhalt

Gekauft hatte ich diesen Band, weil ich mir vorgenommen hatte, alle Kurzgeschichten zu lesen, die in diesem Jahr für den Kurd-Laßwitz-Preis nominiert sind. 

Nun wollte ich mal schauen, ob noch mehr lesenswerte Geschichten enthalten sind. Sind es. Was ist eigentlich mein Anspruch an eine Anthologie? Dass ALLE Geschichten gut sind? Nicht alle hier gefallen mir. Ist das nicht aber vielleicht eher ein Qualitätsmerkmal, das für die Anthologie spricht? Immerhin bedeutet das, dass nicht alle Geschichten gleich sind, alle unterschiedliche Stile und Merkmale aufweisen und womöglich daher für uns alle etwas dabei ist?

 

Ich war jedenfalls mit meiner Ausbeute zufrieden. Hier meine Hightlights:

 

Kai Focke: Gastropoda galactica 

Die Story hatte ich bereits für diesen Artikel rezensiert und an meiner Meinung hat sich nichts geändert. Die Geschichte gehört auch zu den Highlights in dieser Anthologie, ich sage aber, dass zwei andere mir sogar noch besser gefallen haben.

 

Die Story ist nicht so bierernst insgesamt - wobei "bierernst" hier in mehr als einer Hinsicht sehr gut passt und ich womöglich nicht die erste bin, die das so formuliert. 

Der Protagonist Professor Hoffbauer stellt fest, dass eine riesige Schnecke sich durch den Weltraum frisst, die Gastropoda galactica. Sie ist schon beim Saturn und hält Kurs auf die Erde, denn sie hat Durst und auf unserem Planeten befindet sich bekanntlich recht viel Wasser. So wie es ausschaut, haben wir noch vierzehn Monate, bis sie und verspeist.

Der Professor und seine Kolleg:innen begeben sich auf Lösungssuche. Da es wichtig ist, auch mit Praktiker:innen zu beraten, folgen ein paar herrliche Dialoge mit Botaniker:innen und Hobby-Gärtner:innen, denen der Professor natürlich nicht ganz die Wahrheit sagen darf, um niemanden in Panik zu versetzen. Er holt sich Tipps und ich als Lesende lerne eine Menge über Schneckenbekämpfung. Der Tipp, der ihn schließlich überzeugt, hat natürlich mit Bier zu tun. Die Pointe ahne ich eine Seite vor dem Ende, genau so, wie es perfekterweise sein sollte. Herrlich!

 

Stephanie Lammers: Die Gabe

Die extrem sympathische Protagonistin Johanna ist Buchhändlerin, in unserer ganz normalen Welt. Ganz normal? Na, so richtig nicht. Aus dem Kunden-WC kommen manchmal Gestalten, die sie definitiv nicht hat hineingehen sehen und die ein wenig über dem Boden schweben. 

Johanna hat die Gabe, jedem Menschen, der die Buchhandlung betritt, das perfekte Buch zu finden. Aber gilt das auch für jene Wesen, die aus dem WC schweben? Sind das denn überhaupt Menschen? Sie wagt einen Versuch - mit sympathischem Ausgang.

 

Stok: Echt tierisch

Ich ärgere mich so, dass mir so ein Plot nicht selber zum Thema "Erstkontakt" eingefallen ist! 

Szenerie: Ein Alien in einem Taxi. Der Sprache durchaus mächtig, nimmt aber alles wörtlich, mit einigen irre guten Dialogzeilen. Der Taxifahrer möchte etwas von Strauss spielen, das Alien ruft Informationen ab und kommt nur auf den Vogel Strauss. Große Verwirrung. Und was denkt es, wenn es gefragt wird, ob es denn einen Bären aufbinden wolle?

Aber ich will nicht wie in einem Kinotrailer alle Gags verraten. Die Pointe ist es übrigens ebenfalls wert.

 

Uwe Hermann: Die Aushilfsmenschen

Das Beste kommt zum Schluss. Der Ich-Erzähler bereitet ein abendliches Date vor. Absolut überzeugend wird ein Supermarkteinkauf dargestellt, wie er später mal laufen könnte, wenn man sich allzu sehr auf die KI verlässt.

Der "Aushilfsmensch" (sieht übrigens genauso aus wie der Erzähler und kann diesen daher theoretisch doubeln) des Erzählers heißt "HAL" (selbst so genannt) und hat eigentlich nicht viel drauf. War teuer, aber offenbar nicht teuer genug, kann eigentlich nur putzen. Nun lebt er zwar in der saubersten Wohnung der Stadt, aber er hat nicht viel davon, weil er die meiste Zeit schuften muss, um die Raten zu bezahlen.

Und statt des Dates würde er heute Abend eigentlich lieber mit dem Kumpels Sport schauen. Da muss es doch eine Möglichkeit geben?

Kurzgeschichte mit Doppel-Pointe und einmal mehr der Beweis, dass deutschsprachige SF intelligent sein kann und trotzdem einfach Spaß machen kann!

Harte Fakten

Titel Das Alien tanzt Walzer 
Herausgeberin Ellen Norton
Erscheinungsjahr 2020 
Seitenzahl 280 
Original Twitter Tweet https://twitter.com/Rezensionsnerd1/status/1396859250538860548 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0