Hinter deiner Wirklichkeit: Die Bürde des Engels von Marco A. Rauch

Auf dem Cover steht zwar "Fantasy-Roman", aber damit ist hier eher Urban Fantasy gemeint. Die Handlung spielt durchaus in unserer normalen, bekannten Welt, hält sich aber keineswegs an die Naturgesetze.

Der Protagonist Markus hat eine Gabe. Diese entdeckt er durch Zufall bereits als Kind. Seine Mutter erkrankt schwer. Doch eines Tages bemerkt er einen grünen Punkt in ihren Augen und stellt fest, dass er die Macht hat, sie zu heilen. Als er aufwächst, lernt er, dass es zwei Arten von Menschen gibt: Jene, die er heilen kann und jene, bei denen seine Gabe nichts ausrichten kann. Die, die er nicht heilen kann, haben statt eines grünen einen roten Punkt in den Augen. Markus arbeitet als Erwachsener (unter anderem) in der Kinderstation. Offiziell, um den Kindern vorzulesen. Inoffiziell hat er natürlich andere Gründe, dort zu sein. 

Lange bleibt er mit seinem Geheimnis alleine, doch eines Tages trifft er Daniela. Deren Tochter Elli ist an Krebs erkrankt.

Es werden in dem Roman ein paar Erwartungen erfüllt, doch es gibt auch eine unerwartete, sehr coole Wendung ganz am Schluss, die pointiert genug für eine Kurzgeschichte wäre und mich überzeugt und amüsiert hat. Zwar heißt es, dies sei Band 1, aber auch dieser Roman liest sich als rundes Ganzes, auch wenn ich mir gut vorstellen kann, dass es noch zwei Geschichten mehr mit diesen Figuren zu erzählen gibt. (Es sind drei Bände geplant.)

Zwei weitere Dinge haben mir ausnehmend gut gefallen: Eine Fehlgeburt wird thematisiert und das auch sehr authentische, glaubhafte Art und Weise. Ein Thema, von dem viel zu selten zu lesen ist, vor allem, wenn man bedenkt, wie häufig das im echten Leben vorkommt. 

Darüber hinaus gibt es ein paar schrullige Nebenfiguren, die im Gedächtnis bleiben. Besonders gelungen finde ich hier Herrn Lederer (der vom Leder zieht), einen Rollstuhlfahrer, der gern über den Krieg spricht. Auch cool ist Markus' Freund Benny, der wirklich, wirklich, wirklich lange braucht, bis er endlich Samira einlädt, auf die er ein Auge geworfen hat. Ich warte als Leserin selber einige hundert Seiten, bis ich sie dann endlich kennenlernen kann und bin so ziemlich nah an Markus dran, als es endlich dazu kommt.

Ich kenne den Autor von der Schreib-Lust und weiß schon, dass er sich oft mutigen Themen nähert. Ein Setting auf einer Krebsstation für Kinder würde nun normalerweise nicht unbedingt einen lebensbejahenden Roman hergeben, den ich unbedingt lesen will. Dem Autor gelingt es aber, erstens, mich behutsam an das Thema heranzuführen und zweitens, geschieht auch viel Gutes. Jemanden mit dieser Gabe zu heilen hätte ich gern in meinem echten Leben gekannt.

Doch auch in Romanen läuft nicht alles perfekt, ist rührend und nett und löst sich am Ende wie von selbst.  Natürlich muss auch Markus einiges an Rückschlägen hinnehmen. Nicht zu vergessen, dass er nicht alle heilen kann. Warum eigentlich nicht?, fragt er sich oft. Wer entscheidet, wen er heilen kann und wen nicht und warum ist das so? Und woher kommt überhaupt diese Gabe? Warum ausgerechnet er?

Charmant finde ich auch das Vorwort und das Making-Of am Ende des Buchs. Richtig so. Wenn man schon den Schritt ins Self-Publishing wagt, kann man es auch ausnutzen und die Leserschaft ein wenig hinter die Kulissen gucken lassen. Einer der großen Vorteile des SP ist ja, dass man sein eigener Boss ist und machen darf, was man will. Ich habe ähnliches auch schon in Verlagspublikationen gelesen, z. B. bei Stephen King und Michael Marrak, nur handelte es sich da nicht um Erstlingswerke. 

Wer bei Kindleunlimited ist, kann das Ebook auch kostenlos entleihen. Außerdem hat er Kurzgeshcichten auf seiner Homepage und hier geht es zur Leseprobe des Romans.