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Arrival - Film und Kurzgeschichte

Inhalt

Film "Arrival"

Ich wollte einen Film schauen, der Außerirdische nicht mittels Telepathie kommunizieren lässt, Übersetzungsmaschinen oder Babbelfische zum Einsatz kommen lässt. Da wurde mir "Arrival" empfohlen, der dieses Thema in der Tat komplex und auf extrem interessante Weise beleuchtet.

 

Ein sehr ungewöhnlicher Film für die heutige Zeit, da er sich sehr viel Zeit nimmt und einen Fokus auf Atmosphäre legt. Fast erstaunlich, dass er so erfolgreich war, da das Publikum heutzutage doch eher auf schnelle Schnitte, viel Action, Handlung und Dialoge setzt. Ich fand es sehr erfrischend, mal einen ruhigen Film zu sehen, der von der Geschwindigkeit her besser in die Sechziger Jahre gepasst hätte.

 

Zwei Dinge könnte ich an dem Film kritisieren:

Zu wenig Ambivalenz zwischen Tochter und Mutter

Es werden hauptsächlich Szenen im Miteinander von Louise und ihrer Tochter dargestellt, die sehr positiv und harmonisch sind. Bis auf eine 2-Sekunden-Szene, in der ein pubertierendes Mädchen sagt "Ich hasse dich". Mir ist klar, dass wenig Zeit für diese Szenen blieb, aber etwas mehr Ambivalenz wäre hier realistischer gewesen. In der Kurzgeschichte hingegen ist das definitiv erfüllt.

 

Der Film behandelt zu viele Themen

Der Film konzentriert sich nicht auf einen Aspekt. In der Kurzgeschichte wird auf die Geschichte der Tochter und auf die Linguistik mit kleinen Ausflügen in die Physik fokussiert. Dort hat man also deutlich mehr Futter für die Wissenschaft, die Sprache und die Entdeckung der Sprache der Heptopoden wird deutlicher erklärt, ebenso wird ihr unterschiedliches Verständnis der Physik agenrissen. Die Politik ist in der Kurzgeschichte nebensächlich: Alle kooperieren, kein möglicher Krieg kündigt sich an und es fehlt der gesamte Aspekt, dass China einen Konflikt ansteuert. 

Der Film versucht, die politische Komponente mit zu behandeln. Es gibt aber eigentlich nicht genügend Platz, das gescheit zu erzählen. So kommen alle Themen ein wenig zu kurz: Sowohl der sich abzeichnende Konflikt, als auch die Wissenschaft und die Geschichte mit Louises Tochter.

Was ich wiederum gut fand, dieser Aspekt fehlte in der Kurzgeschichte:

Das Missverständnis. Im Film formulieren die Heptopoden etwas wie "Waffe erhalten". Damit wird das Militär aufgescheucht, auch China fürchtet sich. Louise weist darauf hin, dass Waffe auch Werkzeug bedeuten könnte und es keinen Grund gibt, davon auszugehen, dass diese Formulierung bedrohlich gemeint ist. Diese Komponente wird im Film sehr gut ausgeleuchtet.

  

Die Kurzgeschichte "Geschichte deines Lebens"

Die Kurzgeschichte umfasst etwa fünfzig Seiten, so dass gleich klar ist, dass sie nicht alles behandeln kann, was der Film thematisiert. 

Das Lernen der außerirdischen Sprache ist in der Kurzgeschichte viel besser erzählt. Ein Kritikpunkt, der beim Film in den Sinn kommt, nämlich, dass das Zusammenleben mit der Tochter viel zu harmonisch gezeigt wird, fällt bei der Kurzgeschichte weg, da viel mehr Szenen und Farben zwischen Mutter und Kind gezeigt werden. 

Da der Konflikt mit China fehlt und überhaupt Politik kaum eine Rolle spielt, hat die Kurzgeschichte die Möglichkeit, die anderen Themen besser auszuleuchten. Hier hat die Wissenschaft mehr Raum, allen voran die Physik und die Linguistik. 

Es mag daran liegen, dass ich den Film vorher kannte, aber die Schlusspointe wäre auch so deutlich früher klar geworden, bereits auf den ersten Seiten. Das ist ein wenig schade, da das allmähliche Begreifen der Pointe einen großen Reiz des Films für mich ausgemacht hat. 

Außerdem gehört Chiang eher zu den "trockenen" Autor:innen. Statt sich groß Zeit zu nehmen für die Figuren und sie möglichst nahe an mich als Leserin heranzubringen, bringt er den Plot voran und vertieft die behandelten Themen. Es geht ihm (hier) mehr um die Idee, nicht um die Menschen. Ich möchte die anderen Kurzgeschichten in dem Band noch lesen, aber so bisher mein Eindruck, der sich im Gespräch mit anderen Vielleser:innen auch bestätigt hat. 

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Kommentare: 1
  • #1

    Norbert Fiks (Mittwoch, 21 April 2021 09:50)

    Interessante Einsichten. Mich hat an dem Film der politische Handlungsstrang gestört, der ist wahrscheinlich reingenommen worden, um gewisse klischeehafte Erwartungshaltungen an First-Contact-Geschichten zu erfüllen. Ich halte "Geschichte deines Lebens" übrigens nicht für seine beste Geschichte, mich haben "Der Turnbau zu Babel" und "72 Buchstaben" viel mehr beeindruckt. An seinem Schreibstil gefällt mir die Knappheit und Knappheit, die sich auf das Wesentliche beschränken: Wenn in seinen Geschichten eine Person einen neuen Raum betritt, dann steht das auch einfach so da. Es bleibt dem Leser überlassen, sich die Umgebung vorzustellen.