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Von vierzehn Geschichten sind vier für den Kurd-Laßwitz Preis nominiert! Beachtlich. Da ich demnächst auch eine Erstkontakt-Story für eine Einreichung plane (wenn auch nicht von Eridani), habe ich mir mal die gesamte Anthologie genauer angeschaut.
Fazit für Eilige
Im Vorwort von Andreas Eschbach lerne ich dann auch, dass "Erstkontakt" sogar ein Sub-Genre der Science Fiction ist.
Ich hätte es gut gefunden, wenn irgendwo noch Infos zu den Autor:innen gewesen wären, meinetwegen im Anhang. Es ist teilweise anstrengend, sich die selber zusammenzusuchen und nicht immer ist mir das gelungen. Ich hoffe, alle Links führen zu den jeweils richtigen Personen. Hinweise nehme ich gern entgegen.
Einige Plots sind sehr konsequent und erbarmungslos, oft spielt ein Perspektivenwechsel eine Rolle. Andere, fremde (oder auch bekannte wie Bäume, Katzen oder Meerwasser) Spezies schauen auf uns Menschen. Das trifft nicht auf jede, aber doch auf erstaunlich viele Stories zu.
Das Thema Erstkontakt wird auch recht weit ausgelegt, offenbar fallen auch KIs und Katzen darunter. (Wobei ich mir nicht sicher bin, ob alle Katzen hier wirklich Aliens sind.)
Bei Twitter wurde ja diskutiert, dass vier nominierte Stories schon ungewöhnlich viel sind und es wurde gefragt, ob die Anthologie wirklich so gut sei, was von einigen Seiten bejaht wurde. Ich bin nun keine Expertin, sondern lediglich interessierte Leserin. Aber das wäre nun nicht die erste Anthologie aus dem Jahre 2020, die ich enthusiastisch empfehlen würde. Sowohl die Anthologie Wie künstlich ist Intelligenz von Klaus N. Frick als auch die Pandemie-Anthologie des Hirnkost Verlags fand ich deutlich besser. Wobei ich zugeben muss, dass mir die Themen KI und Pandemie Anthologie auch generell besser liegen als Erstkontakt.
Rock around the Clock von Axel Kruse
Menschen landen auf einem fremden Planeten und werden als Haustiere gehalten. Der Ich-Erzähler war aufgrund seiner Halbglatze lange ein Ladenhüter, denn die Einheimischen stehen drauf, wenn viel zum Bürsten da ist. Aber ein kleines Mädchen namens Bronco wollte ihn trotzdem.
Wir erfahren, wie es dazu kam, wie der Ich-Erzähler zum Haustier der "Kürben" wurde. Beim Spazierengehen im Park wird es richtig fies, als er einen anderen Menschen, eine Frau trifft, die ebenfalls an der Leine spazieren geführt wird.
Sehr kurz. Extrem schonungslos. Der Perspektivwechsel schmerzt. Spaß macht das nicht.
Die Fremden von Uwe Herrmann (Autorenhomepage)
Der Erzähler ist hier ein Baum und beschreibt die Ankunft der Menschen aus Baum-Sicht. Die Perspektive ist gelungen. Die Pointe hat mir gefallen.
Defekt von Melanie Vogltanz
Die Pointe wird nicht direkt aufgelöst, aber ich ahne sie etwa drei Seiten vor dem Ende. Sehr gute Idee! (Auch wenn mir danach noch einiges einfällt, das wohl über den Scope der Story hinausgeht, aber in meinem Kopf ungelöste Fragen erzeugt.)
Es dauert ein wenig, bis die Story in Fahrt kommt. Wir folgen den Log-Einträgen von Gillian, die einen etwas schnoddrigen Ton am Leibe hat und Expedition und Landung auf einem bisher unbekannten Planeten zeigt. Dort leben unter einer Kuppel Wesen, die den Menschen sehr ähnlich sind. Nach und nach wird immer mehr enthüllt und es entblättert sich auf gelungene Art und Weise, was hier geschehen ist und mit wem wir es zu tun haben.
Ein Besuch auf der Homepage der Autorin macht klar, dass schon so einige Bücher veröffentlicht wurden. Bei Facebook und Twitter ist sie auch.
Die kurze Reise der HAWKING von Gerhard Huber
Hier wimmelt es von Anspielungen, einiges muss man wissen (welche kulturellen Bestandteile würden Aliens von uns auf der Voyager finden), anderes wird erklärt. Ich kann der Story folgen, bis der letzte Abschnitt beginnt - da habe ich dann wohl etwas verpasst.
Vorher ist es sehr originell und beutet sehr gut den Bereich der kulturellen Missverständnisse aus, die ja schon unter Menschen leicht genug passieren können, erst recht zwischen Menschen und Aliens.
Der Elefantenantrieb von Guido Krain (Autorenhomepage)
Der Erzähler ist hier ein Alien und da werden schon mal die Augensockel bewegt, sehr exotisch. Das Thema "Perspektivwechsel" scheint sich ja ganz gut durch diese Anthologie zu ziehen. Für den Großteil dieser Story sehen wir unseren Planeten und unseren Orbit aus der frischen Sicht der Aliens, die sich uns nähern. Ganz so gut kommen wir dabei nicht weg.
Drei Tage des Erwachsens von Peter R. Krüger (Autorenhomepage)
Diesmal fungiert eine KI als Erzähler, kein Alien. Die KI dienst als Pflegekraft, ein Prototyp, der noch einige Fehler aufweist. Der erste Kontakt zu Patient:innen läuft nicht sonderlich gut, dann werden die Asimovschen Gesetze implementiert und der Erzähler darf eine Krebspatientin behandeln. Mit konsequenter Pointe.
Delter von Frank Lauenroth
(nominiert für den Kurd Laßwitz Preis 2020)
Als ich in der Schule war und zum ersten Mal lernte, was eine "Kurzgeschichte" ist, ging es darum, dass man sehr aufmerksam lesen musste, weil wichtige Informationen teilweise in einem einzigen Wort stecken und nichts redundant ist. Was verpasst wurde, ist verpasst.
In dieser sehr intelligent und sparsam ausformulierten Geschichte (ihr sucht vergeblich nach Infodump) wird aus der Sicht von Delter erzählt (wenn auch nicht aus der Ich-Perspektive). Dennoch müssen wir - die meiste Zeit - mit der eher eingeschränkten Sicht des Delters auf die Welt vorlieb nehmen und uns den Rest denken. Auf der ersten Seite bin ich begeistert von den Wortspielen mit griechischen Buchstaben (neben Delter auch Beter, Alpher, Gammer usw.), danach muss ich mich schon mächtig zusammenreißen, um nichts zu verpassen.
Der Schluss der Story ist folgerichtig und konsequent (ich weiß, dieses Wort habe ich in dieser Rezi schon oft benutzt) und recht hart.
Dem Autor folge ich schon eine ganze Weile auf Twitter, hier auch seine Homepage. Er hat mir gesagt, ich soll seine Story schonungslos rezensieren. Wenn man die beste Story in einer Anthologie hat, kann man das wohl gefahrlos sagen.
Terra Halbpension von Uwe Post
(nominiert für den Kurd Laßwitz Preis 2020)
Ich kenne mich zu wenig aus mit Douglas Adams (vor 25 Jahren gelesen), muss aber trotzdem beim Lesen ein bisschen an seine Anhalter-Reihe denken. Das Setting ist hier irgendwie ernster (auch wenn das Entfernen der Erde aufgrund einer Autobahn irgendwie ja auch ernst ist), denn es beginnt mit einer nuklearen Katastrophe. Einige mögen sich ertappt fühlen im ersten Paragraphen, als jemand versucht, einen Selfie mit dem Atompilz im Hintergrund zu schießen und diesen bei Instagram zu posten. Doch er stirbt an der Strahlenkrankheit und weiter geht es mit Nele. Nele überlegt schon eine Weile nach der Katastrophe, ist aber ebenfalls bereits krank. Sie ist an Zynismus und Pragmatismus kaum zu überbieten. Dann taucht ein Ufo auf, der einen Alien abholen will, der auf der Erde Urlaub gemacht hat. Der Alien ist nicht aufzufinden. Kurz entschlossen nimmt Nele seinen Platz ein. Im Ufo lernt sie einen Verhinderungsagenten kennen, der ihr einen Job anbietet.
Der Plot ist haarsträubend, aber das ist wohl Absicht. Mir ist es etwas zu skurril. Ich bin unsicher, ob die Pointe logisch ist, aber es ist immerhin eine Pointe.
Infos zum Autor habe ich z. B. hier gefunden.
Auf gute Nachbarschaft von Alexandra Trinley
Hier war ich lange zu sehr auf die Katzen fokussiert und fragte mich, sind das Aliens? Aber nicht die Katzen sind das Alien, sondern die Katzen beobachten es und beschreiben es aus ihrer Sicht.
Ich hätte es aber auch gelten lassen, wenn Katzen hier die Außerirdischen gewesen wären.
Auch dieser Autorin folge ich bereits bei Twitter. Sie ist sehr aktiv im Perry Rhodan Universum (Fandom-Aktive). Sie macht den Newsletter für die z. B. PERRY RHODAN Fanzentrale.
Cosmic K9 von Ralf Brodt
Katzen hatten wir ja schon, hier gibt es einen Hund. Der Ich-Erzähler und seine Hündin sind ein festes Team und bereit für ihren ersten Trip außerhalb des Sonnensystems. Dort begegnen sie - natürlich - Aliens.
Sehr gelungen finde ich, wie der Ich-Erzähler auch in den fremden und sogar gefährlichen Situationen immer vor allem eines bleibt: Hundebesitzer. So macht er sich Sorgen, wenn die Hündin mal muss und im Raumanzug steckt (sie erledigt es lieber auf die klassische Weise).
Auch der Kontakt zu den Aliens hat eine Komponente, die ich recht originell finde.
Unsere Freunde von ε Eridani von Thorsten Küper
(nominiert für den Kurd Laßwitz Preis 2020)
Schmissige Dialoge, gut beschriebene Außerirdische, etwas mehr als nur ein paar Prisen Humor, zwei im Gedächtnis bleibende Protagonisten und ein echt sympathischer Eridanier: Brutus. Die Kommunikation mit Brutus läuft (bis auf ein paar Dinge, die er zu wörtlich nimmt) ausnehmend gut, fast besser als unter Menschen. Der Plot stellt sich dann doch als sehr viel ernster heraus, als ich zunächst aufgrund des lockeren Starts angenommen hätte. Am Ende darf ich aber wieder ein wenig schmunzeln. Durchdacht, amüsant und stellenweise ein paar Figuren mehr, als ich in der Kürze verarbeiten kann.
Thorsten folge ich schon seit einer Weile bei Twitter.
Das Jubiläum von Arno Behrend
Wenn ich durch diese Anthologie eines gelernt habe, dann das: Erstkontakt zu beschreiben aus der Sicht von Aliens, ist jetzt ganz sicher nichts, das noch nie da gewesen ist. Auch wird (zumindest zunächst) aus Sicht der Aliens geschildert, die trotz aller Andersartigkeit (drei Finger etc.) sehr menschlich wirken.
Umso gruseliger ist daher der Schluss. Trotzdem kommt es mir vor, als hätte ich ähnliche Plots bereits gelesen.
Infos zum Autor gibt es z. B. bei der Homepage des Exodus Magazins. Bei Twitter wird zwar viel über ihn und seine Prosa gesprochen, aber ihn selber habe ich dort nicht gefunden.
Meerwasser von Gabriele Behrend (Autorenhomepage)
(nominiert für den Kurd Laßwitz Preis 2020)
In dieser Anthologie hatten wir ja schon die Perspektive aus Sicht eines Baumes, von Katzen, diversen Aliens oder zum Haustier gemachten Menschen.
Hier ist es nun aus der Perspektive von Meerwasser. Eine recht anspruchsvolle, wie originelle Perspektive, die zunächst den Lesereiz ausmacht, bis sich der Plot nach und nach entfaltet. Und ja, wieder schaut ein nichtmenschlicher Erzähler (unter anderem) auf Menschen.
Geschichte wird geschrieben von ... von John Dodd
(übersetzt aus dem Englischen)
Die Antwort darauf, was Reichtum ist, wird von mir als wissenschaftliche Bibliothekarin und eifrige Leserin sehr geschätzt. Der Aufbau der Story hingegen ist nicht gerade einfach und lässt mich mit den Figuren nicht sehr warm werden. Der Schluss hingegen hat seine Momente.
Der Autor bei Twitter und mit seiner Homepage.
Harte Fakten
Titel | Unsere Freunde von ε Eridani - Erstkontakt-Stories |
Herausgeber:innen | Sylvana Freyberg, Ralf Zacharias |
Erscheinungsjahr | 2020 |
Seitenzahl | 214 |
Anzahl Geschichten | 14 |
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