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Lebendig von Jack Ketchum

Inhalt

Der Kurzroman fängt durchaus interessant an. Ich lerne Greg und Sara kennen und erfahre (recht subtil), dass sie auf dem Weg zu einer Abtreibungsklinik sind. Die beiden sind nicht verheiratet, sie haben lediglich eine (recht liebevolle) Affäre. Sara hat vor Jahren ihren Sohn Daniel durch einen Einbruch ins Eis verloren und möchte kein Kind mehr. Soweit bin ich schon auf ihrer Seite und sie hat mein Mitgefühl.

 

Greg setzt sie vor der Klinik ab und sucht einen Parkplatz. Als er in die Klinik kommt, findet er Sara nicht. Sie ist verschwunden. Und bleibt verschwunden.

 

Sara wurde entführt. Von einem Pärchen, das vorgibt, für eine Organisation tätig zu sein, die gegen Abtreibungen ist.

 

Folgender Aspekt ist für mich interessant, wenn ich auch unsicher bin, was ich davon halten soll: Durch die Entführung muss Sara die Schwangerschaft vollenden. Vorausgesetzt ihr und dem Baby passiert nichts nachhaltiges, wird das Baby geboren und wird leben, anstatt im dritten Monat abgetrieben zu werden. Diese Entscheidung wird Sara aufgezwungen. Hier haben mich Saras Gefühle und Gedanken interessiert.

 

Ich kann aber den Roman nicht komplett durchlesen und springe in der Mitte ein paar Kapitel vorwärts, so dass ich zwar erfahre, wie es ausgeht, aber den kompletten Werdegang nicht lesen muss. Ich kann nicht und will nicht. Es bleibt nicht bei einer Entführung, Sara wird nicht nur psychisch, sondern auch körperlich und auch sexuell auf abscheuliche Weise misshandelt. Das finde ich nicht nur unnötig, das finde ich unlesbar und es ergibt für mich auch wenig Sinn (außer, dass das Pärchen völlig irre ist). 

 

Abtreibungsgegner:innen, die gegen ihren Willen eine Frau entführen und sie zum Austragen zwingen, das hätte mir als Story gereicht. Ohne das Dildos vorkommen und beschrieben wird, was mit den Körperöffnungen wie und wie lange angestellt wird. Das will ich nicht lesen.

 

Mehr gelesen hätte ich gern von solchen starken Stellen, die mit wenigen Worten viel Effekt erzeugen:

 

"Endlich trank sie [Sara] und aß auch ein bisschen Scheibenkäse auf Weißbrot. Der Hunger hatte ihren Überlebenstrieb geweckt. Immerhin würde sie ihnen nicht wegsterben.

Wie die andere."

 

Ich kann mir vorstellen, dass Ketchum auch echt gute Stories und Romane geschrieben hat. Aber dieser hier ist nicht für mich. Tipps? (Bisher stellt sich heraus, dass er immer so gewaltvoll schreibt, also wohl nichts für mich ist. Wobei es möglicherweise einiges gibt, das OK wäre.)

 

Jack Ketchum wird ja oft in einem Satz mit Stephen King und Clive Barker genannt, die ich beide sehr bewundere und gern lese. Nach dem "Genuss" dieses Romans würde ich eher zögern, bevor ich erneut einen Roman von ihm kaufe. Schlecht geschrieben ist es nicht, aber mir erscheint es dann doch unnötig viel Gewalt, vor allem sexuelle Gewalt zu beinhalten. Da würde ich vor dem nächsten Mal zunächst sichergehen, dass weniger und vorzugsweise keine sexuelle Gewalt vorkommt.

 

Reallybadwriter war bei Twitter so nett, mir einen Blogpost zu zeigen. Die Verfasserin dieses Postings ist ebenfalls der Meinung, dass Ketchum sehr, sehr gewaltvoll und "disgusting" unterwegs ist und außerdem neben seiner Prosa das Texas Chainsaw Massacre wie die Sesamstraße wirkt. Sie gibt zu, angeekelt, aber nicht besonders ängstlich gewesen zu sein. (Btw, mein Ziel ist es, meine Leser:innen zu ängstigen, nicht anzuekeln. Als Leserin habe ich dasselbe Bedürfnis. Leute anzuekeln fände ich übrigens sehr leicht.) Sie gibt zu, dass ihre Ängste als Frau bei "The Girl Next Door" sehr getroffen sind, aber was sie über das Buch schreibt, macht mir nicht gerade Lust, es zu lesen, da es auch dort von Gewalt und auch sexueller Gewalt wimmelt, auch wenn die Charaktere hier sehr menschlich dargestellt werden. 

Harte Fakten

Titel Lebendig 
Autor*in Jack Ketchum 
Erscheinungsjahr 2014 
Seitenzahl 140 

 

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