Harte Fakten
Titel | Der Marsianer: Rettet Mark Watney |
Autor*in | Andy Weir |
Erscheinungsjahr | 2011 |
Seitenzahl | 512 |
Länge Hörbuch | 12 Std. 36 |
Sprecher*in | Richard Barenberg |
Inhalt
Ein Mann ganz allein auf dem Mars - das kann doch nicht spannend sein, oder? Generell scheue ich mich ja total, längere Geschichten zu lesen, bei denen es nur eine Figur gibt. Gleiches gilt für Filme. Obwohl ich die One-Man-Show mit Robert Redford vor ein paar Jahren geschaut habe und auch genossen, und auch Sandra Bullock hat Gravity ja im überwiegenden Anteil der Szenen alleine getragen (mit einem Hauch George Clooney).
Aber dreizehn Stunden Hörbuch alleine mit einem gestrandeten Botaniker und Ingenieur auf dem Mars? Ich wagte es und siehe da, sofort war ich geankert. Nicht nur, dass mir die Art zu erzählen im Logbuch des Marsianers sofort gefällt, die Geschichte ist auch umgehend spannend.
Es gibt eine ganz klare Aufgabe: Überleben. Der Rahmen und die Startbedingungen sind auch sofort klar. Das macht es nachvollziehbar. Die Wissenschaftlichkeit, mit dem der Botaniker Mark an diese Aufgabe geht, ist sympathisch und nimmt mich ebenfalls sofort mit. Diesem Mann folge ich zur Not auch mehr als dreizehn Stunden. Mit ungeteilter Aufmerksamkeit.
Damit wäre ich zufrieden gewesen, aber dabei bleibt es nicht. Der Roman untersucht auch die Gegenseite. Denn die NASA unten auf der Erde bekommt durch Satellitenfotos heraus, dass Mark noch lebt. Nach zwei Monaten der Trauer, nach einer Trauerfeier und Gedenkmarken der Post. Man ist erstaunt und wild entschlossen, ihn zu retten. Was sich angesichts der enormen Kosten und des langen Weg zu Mars von circa zehn Monaten als nicht ganz einfach herausstellt.
Da eine Kommunikation zwischen der Erde und Mark vorerst nicht möglich ist, weiß Mark natürlich nichts von den Bemühungen seiner Kolleg:innen auf der Erde und wähnt sich weiterhin auf sich alleine gestellt.
Mark Watney ist hier als Figur sicher am deutlichsten. Die Crew in der Hermes bleibt ebenfalls nicht ganz blass - die meisten Figuren auf der Erde jedoch ergeben für mich nur ein undeutliches Bild. Die hätten noch ein paar Halbsätze mehr brauchen können. Die Story lebt größtenteils vom Plot und von den vielen Schwierigkeiten, in die der Held gerät und auch jene, die ihn retten wollen.
Ein kleines bisschen habe ich ein Problem damit, dass so viel Geld ausgegeben wird, um einen einzigen Menschen zu retten - während man mit der gleichen Portion Geld vermutlich einige Zehntausende hier auf der Erde hätte retten können. Aber unrealistisch fand ich den Kern der Geschichte deswegen ganz sicher nicht.
Fun Facts
Der Roman wurde zunächst von mehreren Verlagen abgelehnt (mir total unverständlich) und Weir brachte ihn daher zunächst im Selbstverlag heraus. Sogar kostenlos auf seiner Webseite. Seine Fans baten ihn dann, eine gut auf dem Kindle lesbare Version zu erstellen. Das hat er dann gemacht und den Mindestpreis von damals 99 US-Cent bei Amazon eingestellt - innerhalb von drei Monaten hat sich der Roman dann 35.000 Mal verkauft. Danach kamen natürlich die Angebote herein - Verlagsroman, Hörbuch, Verfilmung.
Weir ist Informatiker (das klingt auch stellenweise durch) und hat die Ingenieur-, Botanik-, Mars-, und Weltraumfacts vorher sehr ausgiebig ca. zwei Jahre lang recherchiert, was einen großen Gewinn beim Lesen für mich ausgemacht hat.
Die Handlung wird zum größten Teil als sehr realistisch eingeschätzt, bis auf ein Detail mit dem Sandsturm zu Beginn (siehe wikipedia).
Kritische Stimmen
Ich habe keine Kritik gefunden, die mich wirklich überzeugt hat. Es wird in der Hauptsache bemängelt, dass die technischen und naturwissenschaftlichen Fakten sehr ausgewalzt werden. Im Hörbuch konnte ich ja nichts querlesen und da gab es nicht, das mich nicht interessiert hätte, auch wenn ich alles andere als ein Technik-Freak bin (abgesehen mal von der Stelle mit dem Bild mit dem fehlenden JPEG-Header).
Dazu wird von einigen kritisiert, dass die Hauptfigur "alles kann" (so wurde sie ja auch für diese Mission ausgewählt) und dazu emotionslos sei und nicht genügend Angst habe. Nun, er schreibt ins Logbuch. Wie sollen da innere, ängstliche Monologe Platz haben? Ich finde, da schimmert durchaus Angst durch - und genauso Zuversicht, stellenweise. Ich fand es total überzeugend.
Man versteht außerdem das Buch, auch ohne von Botanik, Chemie und Physik groß Ahnung zu haben. Ich habe Chemie und Physik in der Oberstufe abgewählt und kam hervorragend klar. Das macht sogar einen großen Reiz des Romans für mich aus.
Verfilmung
Ich kenne die Verfilmung nicht. Matt Damon hätte ich als Mark nicht im Kopf gehabt. Zu brav. Eher jemand frechen wie Clive Owen. Ich kann mir aber sehr gut vorstellen, dass der Film etwas taugt. Nach Der Soldat James Ryan ist es auch irgendwie witzig, dass mal wieder Matt Damon von irgendwoher eingesammelt und gerettet werden soll.
Der Sprecher
Der kam mir die ganze Zeit so bekannt vor. Er liest auch die Hörbücher von Shirley Jackson, die ich 2020/2021 gehört habe. Sehr angenehmer Sprecher.
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Dirk Osygus (Freitag, 12 März 2021 12:46)
Hallo Yvonne.
Dein Kommentar zum Marsianer gefüllt mir gut, bis auf ein Detail. Es ist das Versprechen, niemanden zurückzulassen, der Soldaten zu Soldaten werden lässt. Insofern finde ich es extrem wichtig, daß die NASA versucht, alles möglich zu machen, um ihren Mann zu retten. Wenn dies nicht mehr die Maxime wäre, würde das die Moral massiv untergraben. Wer würde sich schon für gefährliche Missionen melden, wenn man davon ausgehen könnte, im Notfall alleine zurückgelassen zu werden.
Den Hinweis auf das, was man mit dem Geld hätte machen können, finde ich geschmacklos.
Yvonne Tunnat (Freitag, 12 März 2021 12:51)
Hallo Dirk,
das ist ein sehr gutes Argument! Das war mir auch nicht bekannt, aber es ist natürlich logisch. Die Argumentation hilft mir, die Romanhandlung besser zu schlucken.
Ich wollte ganz sicher nicht geschmacklos sein - das war einfach meine Unkenntnis, was das Motto der Nasa betrifft. Bisher habe ich einfach echt wenige Romane gelesen, bei denen es um Soldat:innen oder Astronaut:innen geht.
Viele Grüße, Yvonne