Inhalt: Diverse Crew stößt auf Leben auf dem Mars
Den Diversitätspreis haben sie jedenfalls gewonnen. Ein Schwarzer im Rollstuhl, ein Japaner, zwei Frauen (eine davon Russin). lediglich zwei weiße Männer. Nun, es spielt auf der ISS, in nicht allzu ferner Zukunft.
In der Anfangsszene schafft es die Crew, eine Probe vom Mars zu gewinnen. Diese startet ihr Leben als Einzeller im Tiefschlaf, bis es dem Wissenschaftler gelingt, sie zum Leben zu erwecken. Eine Schulklasse in Manhattan gibt dem Marsianer den Namen "Calvin".
Doch es bleibt nicht beim Einzeller und auch nicht beim harmlosen Alien in der Größe eines Fingers - es beginnt ein klassischer SF-Horror a la "Alien jagt Crew", aber gespoilert wird erst weiter unten.
Reflektion: Super-eklig und auch spannend, wenn auch auf langweilige Art und Weise
Es gibt "Donnie Darko" (Jake Gyllenhall), den Japaner aus der letzten Staffel von Lost (Hiroyuki Sanada) und Ryan Reynolds. Wer hätte gedacht, dass Ryan Reynolds wirklich extrem gut Angst spielen kann?
Seit diesem Film ist er jedenfalls in meiner Achtung als Schauspieler sehr gestiegen. Außerdem, sehr überzeugend, Ariyon Bakare, der bisher eher in Nebenrollen glänzte. Damit ist der Film zwar nicht wahnsinnig prominent, aber doch sehr passabel besetzt.
Spaß macht es, den Menschen dabei zuzusehen, wie sie sich in der Schwerelosigkeit zurechtfinden und agieren. Immerhin spielten sie nicht wirklich in der Schwerelosigkeit, sondern mussten sich mit Drahtseilen und Körperkraft durch das Modell der ISS hangeln. Die Illusion ist in der Tat perfekt, ich hatte beim Schauen anfangs den Eindruck, dass sie tatsächlich in der Schwerelosigkeit spielen und fragte mich schon neugierig, ob das wohl Spaß gemacht hat.
Es ist unfair, jeden Film über gefährliche Aliens gleich mit den vier Alien-Filmen zu vergleichen, aber tun wir das nicht alle? Jeder andere Film mit dem Thema muss diesem Vergleich erst einmal standhalten, ist es nur "Me-too", oder kann die Story Aspekte und/oder neue Reize zu diesem Topic hinzufügen?
Anders ist folgendes:
- Es ist der Mars. Es ist nah. Sehr nah. Und somit ist die mögliche Bedrohung viel näher.
- Es spielt nicht in weiter Zukunft, könnte quasi schon morgen passieren.
- Anfangs ist das Alien "Calvin" nur ein Einzeller, wirkt harmlos und wächst langsam. Dann ist es allerdings unglaubwürdig, wie schnell er sehr intelligent und anpassungsfähig wird.
- Natürlich rechnen wir damit, dass es nicht harmlos bleibt. Die ersten Szenen sind insofern spannend, dass wir Wissenschaftlern (vor allem einem) beim Arbeiten zusehen und das wird durchaus ansprechend und aufregend dargestellt.
Später wird dann ein Film der Sorte "Fieses Alien jagt Crewmitglieder und tötet sie, sie versuchen es auszutricksen, aber das Alien ist schlauer" daraus. Ich frage mich: Wer überlebt? Sigourney Weaver? Oder kommt doch noch etwas unverhersebares?
Tatsächlich fügt der Film der Geschichte zwei Komponenten hinzu, es gibt eine weitere Bedrohung (aber gespoilert wird er weiter unten nach der Spoiler-Warnung) und der Schluss ist auch wenigstens teilweise originell.
Andere Rezensenten zeigen sich sehr durchwachsen. Einige finden es durchaus gelungen, andere bemängeln die fehlende Tiefe der Charaktere und vor allem die fehlende Story.
Meiner Meinung nach gibt es schon einige kleine Aspekte der Figuren, die interessant sind, aber alles wird nur angerissen, nichts vertieft. Die Story ist insofern ok, dass der "Alien jagt Crew"-Komponten noch mehr Bedrohlichkeit durch die vertrauten Bilder verliehen wird. Das ist eigentlich kein SF. Das spielt ja schon fast in der Jetztzeit.
Trotzdem hätte man hier ein wenig mehr geben können, ein wenig tiefer gehen.
Ich zumindest bin im ersten Drittel ganz gut gegruselt worden, auch keine Selbstverständlichkeit, man hat ja schon so vieles gesehen inzwischen.
Trivia
Natürlich schaute ich den Film während jener Tage, an denen ich auch "Solaris" hörte, so fällt mir doch auf, dass der Marsianer "Calvin" heißt, wie der Protagonist bei "Solaris" (nunja, den schreibt man aber Kelvin). Zufall oder eine Hommage? Immerhin ist der Film unter anderem von Solaris und Alien inspiriert, kann aber meiner Meinung nach weder Solaris noch Alien das Wasser reichen.
Es würde übrigens sechs bis sieben Jahre dauern, bis eine Bodenprobe vom Mars auf der ISS ankommt (Quelle).
Der Regisseur Espinosa wollte mit Gyllenhaal und Reynolds zwei unterschiedliche Charaktere gegenüberstellen: Gyllenhaal vorsichtig und bedacht, wie ein früher Dustin Hoffmann und Reynolds eher draufgängerisch wie ein Robert Redford.
Na ich weiß nicht.
An die beiden fühlte ich mich gar nicht erinnert und die beiden Charaktere blieben zu sehr an der Oberfläche, als dass ich den Gegensatz wirklich bemerkt hätte. Ganz anders als bei Genius, da war ein Gegensatz der beiden Hauptcharaktere sehr spürbar und auch gelungen.
Überhaupt: Wie und wovon lebte Calvin auf dem Mars? Oder war er dort einfach nur Einzeller und wurde nur durch die Veränderung in der Athmosphäre (Sauerstoff-Boost) so wachsfreudig? Dann wirkt er, als würde er durch die ISS schwimmen, so bewegt man sich doch nicht in der Schwerelosigkeit, auch nicht als Marsianer, oder?
Spoiler-Warnung
Um meine heftigsten Kritikpunkte loszuwerden muss ich spoilern.
Gelungen fand ich folgende Wendung: Im letzten Viertel des Films sind nur noch zwei Charaktere übrig, der von Jake Gyllenhaal gespielte Pilot David und die Missionsleiterin Miranda. Es kommt ein Raumschiff von der Erde und dockt an. Jedoch nicht, um sie zu retten. Beide Firewalls (Quarantäne-Sicherheitsnetze) haben versagt, die dritte Firewall heißt, die ISS ins All zu schieben, damit das gefährliche Alien nicht auf die Erde gelangt. Ein Protokoll, dass Miranda selbst entworfen und auf dem sie bestanden hat.
Cool: Sie droht aufgrund ihrer eigenen Regel zu sterben.
Nicht sehr cool: Wieso waren die beiden installierten Firewalls so unsicher? Wieso ist das Sicherheitsnetz so konstruiert, dass man jeden Lüftungskanal einzeln manuell schließen muss (also wirklich!) damit das Alien selbstverständlich durch den letzten entkommt?
Auch nicht so cool: Diese neue, für mich interessante Bedrohung wird nicht sehr lange ausgepielt.
Mindestens unklar: Warum ist es dann noch möglich, durch Rettungskapseln zu entkommen und somit potenziell auch das Alien?
David entschließt sich, das Alien Calvin zu sich in eine der Rettungskapseln zu locken und damit ins All zu fliegen, damit Calvin nicht zur Erde gelangt. Miranda hingegen soll die andere Rettungskapsel nehmen und zur Erde zurückkehren, immerhin wissen die auf der Erde nichts genaues über Calvin, da die Verbindung schon seit einer Weile defekt ist.
Cooler Schluss: Es geht daneben, Calvin hindert David zu sehr daran, die Kapsel manuell zu bedienen. Es fliegt zwar eine Kapsel ins All und eine zur Erde, aber leider nicht wie gewünscht. Miranda landet durch eine Fehlfunktion im All (sehr gelungen, rein vom Plot her, aber auch konstruiert) und David landet auf der Erde, mit dem Alien.
Ebenfalls unklar: Warum hat Calvin den Piloten David nicht gefressen, sondern ihn stattdessen nur bewegungsunfähig gemacht? Bisher hat Calvin ja auch alles verschmatzt und sich nicht wie eine Spinne verhalten, die für später spart. Nur damit David die Fischer noch warnen kann, die die Kapsel zu öffnen versuchen? Aber natürlich verstehen die seine Sprache nicht und öffnen sie dennoch.
Ja, die Schlusswendung ist cool, fließt aber nicht so natürlich dahin wie ich es mir gewünscht hätte, lässt ein paar Fragen offen und beleidigt ein wenig die Intelligenz derer, denen es Spaß macht, bei einem Film ein bisschen mitzudenken.
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