Buchinhalt
Lotti ist ein Ottermädchen und Otto ein Otterjunge. Die beiden treffen sich im Feriencamp und stellen fest: Wir sehen ja total gleich aus! Bis auf die unterschiedlichen Mützen natürlich.
Erinnert an das doppelte Lottchen. Diesbezüglich kommt dann aber nichts, sie sehen sich nur deswegen so ähnlich, weil sie dann später ihre Rollen tauschen können.
Lotti fischt gern und Otto backt gern. Das Camp ist aber so organisiert, dass nur die Jungen fischen dürfen und die Mädchen backen. Die einzige Chance für die beiden Hauptfiguren einen guten Tag zu haben ist also, dass das Mädchen ein Tag lang so tut als wäre sie Otto und der Junge einen Tag lang so tut als wäre er Lotti.
Reflektion
Es leuchtet mir nicht ganz ein, warum es in dem Camp nicht die Möglichkeit gibt zu sagen: "Ich würde aber lieber fischen gehen." bzw. "Ich würde aber lieber backen und dekorieren." In welchem Camp würde das denn heutzutage (oder auch in den 1980ern, als ich klein war) nicht einfach möglich sein? Nun gut, vielleicht ist das bei Ottern ja so ;-).
Natürlich ist es cool, dass der Junge lieber backt und das Mädchen so gern fischtund Monster jagt. Dass sie sich so eng befreunden, ist wiederum erstaunlich: Sie haben ja komplett unterschiedliche Interessen. Vielleicht freunden sie sich an, weil sie jeweils so geschlechteruntypische Interessen haben und beide darunter leiden, dass sie im Alltag des Camps Dinge tun müssen, die ihnen nicht gefallen?
Der Plot ist für mich als Erwachsene also etwas seltsam. Für meine Tochter war das ok so. In ihrer Welt dürfen aber sowieso alle alles. Sie käme von alleine nicht auf die Idee, dass Jungs nicht gern backen und es ist selbstverständlich, dass ihr kleiner Bruder eine eigenen Puppe hat.
Für sie birgt das Buch an völlig anderen Stellen Spaß, die Hauptmessage braucht sie in ihrem Alter gar nicht und erst recht nicht mit drei Jahren, als sie es erstmals vorgelesen bekam. Sie fand lustigen Stellen gut, die Verwechselung der Namen "Lotti und Otto" in allen Abwandlungen: "Otti und Lotto .. äh .. Olli und Totto ... ich meine Lotti und Otto!". Die Stelle musste ich mehrmals vorlesen.
Großer Fan war sie außerdem von dem Wort "oberotterspitzenhammermäßig". Ihr erstes sehr langes Wort.
Nach eigener Aussage ist ihre Lieblingsseite die mit dem dreistöckigen Kuchen und den "Ottofees" (süßes Gebäck, das Otto gern backt).
Für unsere damals dreijährige Tochter war das Buch zum Vorlesen perfekt. Inzwischen ist es eher etwas, das sie sich alleine vor dem Schlafengehen anschaut. Die Illustrationen sind sowieso das Highlight. Es gibt auf den Bildern viel zu entdecken. Zum Beispiel die Mäusefamilie, die auf jedem Bild zu finden ist und verschiedenen Urlaubsaktivitäten nachgeht (siehe Beispiel unter dem Blogpost).
Der Illustratorin Carola Sieverding werde ich nun verfolgen, laut meiner Recherche hat sie fast 60 Bücher illustriert. Bei uns wächst ja noch ein kleiner Junge nach, der sich bald für Bilderbücher interessieren wird, während die Große schon eher auf Momo, Fünf Freunde und das Sams abfährt. Die Kinder können ja locker ein Buch jeden Abend lesen und anschauen, für uns Erwachsene ist Abwechslung aber schon etwas schönes. Immerhin haben wir ein Jahr lang jeden Abend, wirklich jeden Abend, "Henriette Bimmelbahn" gelesen.
Trivia
Die Autorin Collien Ulmen-Fernandes hätte ich wohl aus anderem Kontext kennen können, wenn mein Fernseher nicht 2009 dauerhaft kaputt gegangen wäre und ich nach einigen Jahren Pause direkt mit Streamingdiensten wieder losgelegt hätte. Als Schauspielerin und Moderatorin ist sie seit 1999 unterwegs, was ihr vermutlich bereits wusstet und ich nun nachschlagen musste. Ein anderes Buch gibt es, Ich bin dann mal Mama, das spricht mich natürlich vom Thema her an.
Carola Sieverding, Jahrgang 1989, illustriert seit 2014 am liebsten freche Kinder und Tiere und ist unter anderem bei Instagram unterwegs. Sie bloggt und ist bei Facebook. Super, dann werde ich ja so schnell nichts mehr verpassen.
Das doppelte Lottchen, von dem die Aspekte "zwei sehen gleich aus" und "Feriencamp" vermutlich inspiriert sind (abesehen mal von der Namensähnlichkeit), ist als Geschichte natürlich viel spannender. Und auch fortschrittlicher, obwohl es siebzig Jahre alt ist. Immerhin gibt es da die Mutter von Lotte und Luise, die alleinerziehend und berufstätig ist. Sie arbeitet bei einer Zeitung als Bildredakteurin, hat es also trotz aller Schwierigkeiten sehr gut hingekriegt, eine ganz passable Karriere zu machen. Natürlich ist mir bewusst, dass Lotti und Otto ein viel jüngeres Zielpublikum hat, trotzdem hätte es nicht geschadet, mindestens genauso modern zu sein wie das Vorbild von 1949...und nicht ein paar Schritte rückwärts zu gehen.
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